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Kesselbeck Elise Rosette Sophie, geb. Hartmann


28. 11 1870 Hannover - 10.7 1956 Bremen

Elise Kesselbeck war die Tochter von Heinrich Hartmann und Minna, geb. Dedekind, beide Mitglied der SPD. Sie hatte eine Schwester. 1892 zog sie nach Bremen und war als Dienstmädchen tätig. Sie engagierte sich wie ihre Freundin Anna Pöhland ab etwa 1900 in der Dienstbotenbewegung, die sich für die Abschaffung der Gesindeordnung1 einsetzte. 1902 heiratete sie den Expedienten Alfred Carl Kesselbeck.
Zunächst war sie im Sozialdemokratischen Parteiverein aktiv. Gegen Ende des Ersten Weltkriegs ging sie zu den Bremer Linken, die sich im November 1918 als Internationale Kommunisten-Ortsgruppe Bremen konstituierten.2 Als der Arbeiter- und Soldatenrat für den 10. November 1918 eine Frauenversammlung zur Durchsetzung des Frauenwahlrechts einberief, kamen mehr als 2000 Frauen zur Versammlung ins Casino auf den Häfen und "Elise Kesselbeck und Gesine Becker forderten die Frauen auf sich im revolutionären Prozess zu engagieren, allerdings mit wenig Erfolg - "weder meldeten sich Frauen zur Mitarbeit in den Ausschüssen des Arbeiter- und Soldatenrat, noch entstanden Arbeitsgruppen.3 Auf dieser Versammlung wurde sie gemeinsam mit Anna Stiegler (USPD) in das Büro des Arbeiter- und Soldatenrat gewählt, konnten dort aber aufgrund der militärischen Niederschlagung der Bremer Räte-Republik durch das illegale Gerstenberg-Korps am 4.Februar nicht mehr aktiv werden.
"1919 organisierte sie im Gewerkschaftshaus die Trauerfeier für die Opfer. Es wurden Gedichte von Heinrich Heine und Ada Negri vorgetragen und Elise Kesselbeck rief die Überlebenden zum Befreiungskampf für das Proletariat auf."4
1919 wurde sie als Vertreterin der KPD in die verfassunggebenden Bremer Nationalversammlung von 1919/20 gewählt. "Sie war die erste Frau, die am 26.April 1919 im Börsensaal als allererste Parlamentarierin das Wort ergriff. Die KPD wollte das Immunitätsrecht für Abgeordnete möglichst umgehend geklärt wissen. Der Abgeordnete Hermann Eitzen sollte den Antrag begründen. Stattdessen preschte seine Parteikollegin Elise Kesselbeck vor"5, die die Notwendigkeit an Beispiel der willkürlichen Verhaftung von Hermann Böse im Parzellengebiet begründete.
Sie wurde mehrfach durch Zwischenrufe unterbrochen und der Antrag konnte aufgrund eines chaotischen Verlaufs der Versammlung nicht beschlossen werden.
Im Juni 1920 wurde sie in die Bremische Bürgerschaft gewählt. Sie vertrat soziale Probleme und Frauenfragen, prangerte Missstände im Kinderheim Neuenlander Feld an und forderte sozial gestaffelte Gaspreise Als den Frauen in den städtischen Notunterkünften Unsauberkeit und Vernachlässigung der Räume vorgeworden wurde, nahm sie diese in Schutz.Sie war bis 1923 in der Bürgersschaft.
Nach ihrem Ausscheiden aus dem Parlament leitete sie den 1909 gegründeten Frauen- und Kinderchor im Arbeitergesangverein von Hermann Böse,5 Sie schied am 1.6.1933 aus.
Im Oktober 1933 stellte sie eine Anfrage an den Senat wegen des Verbots einer Protestversammlung gegen die § 217 und §218."Ist dem Senat bekannt, dass eine Propagandaaufführung der Frauenagitationskommission gegen die Paragraphen des Strafgesetzbuches als politisch eingestuft durch den Bremischen Senat untersagt wurde? Ist dem Senat ferner bekannt, dass dieselbe Veranstaltung als ein angeblich unpolitisches Stück mit einer Vergnügungssteuer belegt wurde?"6
Der Staatsrat Dr.Tack stellte daraufhin die Frage:"Wie gedenkt der Senat den Zwiespalt solcher amtlichen Auffassungen zu erklären und wie will er das Verbot der Aufführung begründen und vor der arbeitenden Bevölkerung verantworten? Ich werde die Anfrage auf die Tagesordnung der Sitzung am 19. Oktober setzen. Senator von Spreckelsen versuchte sie in der Sitzung in die Enge zu treiben, um eine Rückzahlung der Vergnügungssteuer zu verhindern, was ihm jedoch nicht gelang.
"Von 1923 bis 1933 war sie Vorsitzende des Frauen- und Kinderchores im Arbeitergesangverein von Hermann Böse. Wie sie während des Faschismus lebte ist nicht bekannt, jedoch ist ihr Name auf dem Bunker in Finndorf, der mit Bildern den Verfolgten und Opfern des Faschismus gedenkt, vertreten.
Elise Kesselbeck wohnte bis 1944 in der Hansestraße in Bremen - Walle; Nachdem das Haus durch Bomben zerstört wurde, lebte sie bis 1949 außerhalb der Stadt, danach wieder in der Hansestraße und "nach dem Tod ihres Mannes 1955 im Altersheim Friedehorst."7

Hier finden sie Informationen zur Situation und Organisation von Dienstmädchenf
Anmerkungen

1.Schmitter, Romina: Dienstmädchen, Jutearbeiterinnen und Schneiderinnen, Frauenerwerbsarbeit in der Stadt Bremen 1871 - 1914, Texte und Materialien zum historischen Unterricht, Staatsarchiv Bremen Heft 25
2.Die Mehrheitsfraktion trug den Namen Sozialdemokratischer Parteiverein,die linksradikale Gruppe der Sozialdemokraten nannten sich Sozialdemokratischer Verein Bremen
3.Stuckmann, Dagmar, Gebt Raum den Frauen, 100 Jahre Internationaler Frauentag in Bremen, S.96
4.Hannover-Drück, Elisabeth, Poträt Elise Kesselback, Bremer Frauen von A - Z, S.324, Bremen 1991, S.324
5.Erika Thies: Der Fortschritt ist weiblich, Weser-Kurier 13.5.2011
6.Anfrage Elise Kesselbecks,zit. Schreiben Senatsrat Dr.Tack 15. Oktober 1933, Staatsarchiv Bremen
7. Hannover-Drück Bildquelle: Staatsarchiv Bremen

Autorin: Edith Laudowicz