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Ahner-Siese, Ingeborg, geb. Siese

3.12.1923 Verden - 9.10.2017 Lilienthal Worphausen




die Künstlerin und ihr Ehemann

Sie besuchte in Bremen das Gymnasium Hamburger Straße. Schon als junge Frau sah sie sich gerne Kunst in Worpswede an. Sie ging damals zu Fuß ins Künstlerdorf oder fuhr mit dem Fahrrad dorthin. Nach einem hauswirtschaftlichen Pflichtjahr besuchte sie die Handelsschule und arbeitete im Büro der Kinderlandverschickung und als Arztschreiberin im Lazarett. Ab 1945 war sie als kunstgewerbliche Malerin tätig und bildete sich in der VHS weiter - sie erhielt Malunterricht bei dem Worpsweder Landschaftsmaler Berthold Mügge und Unterricht im Modellieren bei dem Bildhauer und Bildschnitzer Rudolf Gangloff.
"Einen Studienplatz für "Kunst" zu bekommen war in den Jahren nach Kriegsende 1945 genauso schwierig wie heute: Die Zahl der jungen Menschen im studierfähigen Alter war durch den "Heldentod" zwar erheblich kleiner als heute, aber die Akademien waren ausgebombt, Professoren hatten Entnazifizierungsprobleme, wir hatten Hunger, wenig Kleidung und es war schon schwierig, eine Schlafgelegenheit zu finden, geschweige denn ein Zimmer. Als ich 1946 aufgrund meiner Bewerbung an der Akademie in München die Zulassung zur Aufnahmeprüfung bei Professor Toni Stadler bekommen hatte, genügte dies Schriftstück nicht, um die Fahrkarte nach München zu erhalten. Es fuhren wenig Züge, die Fahrkartenausgabe war stark beschränkt man musste eine Genehmigung haben, um von der englisch besetzten Zone in die amerikanisch besetzte Zone reisen zu dürfen. Dazu gehörte eine "Entnazifizierungsurkunde". Es waren viele Behördengänge notwendig, und als ich alles zusammen hatte und mit dieser Berechtigung zum Kauf einer Fahrkarte ein paar Stunden Schlange gestanden hatte am Schalter, dann mit einem Zug reiste, der dauernd stehen blieb, um Militärzüge vorbeizulassen oder Schäden zu beheben, kam ich zur Aufnahmeprüfung zu spät.
Nach vielen weiteren Bemühungenbekam ich in Göttingen einen Studienplatz. 1948 kam die Währungsreform, und das für das Studium ersparte Geld war verloren.Deshalb kehrte ich nach Bremen zurück, wohnte in einer zugigen Bretterbude auf unserer Parzelle, machte kunstgewerbliche Arbeiten zum Geldverdienen und modellierte ziemelich viele Porträtköpfe. Einer kleiner Platz im Garten genügte als "Atelier". Schließlich ging ich mit dem Ton-Kopf meines Vaters zur Staatlichen Kunstschule in Bremen, Professor Menz schickte mich damit in die Bildhauerklasse zu Herbert Kubica, und nach einer kurzen Probezeit - in der ich Totenschädel nachzumodellieren hatte - konnte ich bleiben.
Für das Studium bezahlte ich pro Semester 30 DM. Material musste selbst besorgt werden. Eine echte und großartige Hilfe war für uns die Möglichkeit, neben dem Studium in der Bauhütte arbeiten zu können. Diese Bauhütte war 1948 von Herrn Baurat Ulrich gegründet worden, um Studenten der Bildhauerklasse eine handwerliche Ausbildung zu ermöglichen und sie gleichzeitig am Wiederaufbau historische Bauten unter der Leitung von dem Steinbildhauer Ludwig Ahner zu beteiligen. Für DM 1,- die Stunde haben wir sehr schöne Stücke gearbeitet und wesentlich dazu beigetragen, daß das Gewerbehaus und die Stadtwaage originalgetreu wieder aufgebaut werden konnten."1 Von 1949 bis 1955 arbeitete sie u.a. am Gewerbehaus Bremen, der Bremer Stadtwaage, am Wappen Senator Köhne an der Waller Kirche und am Jacobusbrunnen am Pfarrhaus der Martinikirche. Eine Kopie des zerstörten Neptuns am Haus Seefahrt wurde nach Bruchstücken aus dem Original von ihr neu zusammengesetzt.
Besondere Anerkennung wurde ihr bei der Restaurierung der Stadtwaage zuteil: Ursprünglich wollte die Bauverwaltung die Rückwand des zerstörten Hauses abreißen, die Deputation für das Bauwesen beschloss jedoch das Weiterbauen. Die Sparkasse Bremen rettete durch einen Tausch einer ihrer Immobilien an der Domsheide gegen ein Ruinengrundstück an der Langenstraße das Gebäude vor weiterem Abriss und entschied die Restaurierung. Den Wettbewerb für fünf Reliefs am hinteren Giebel gewann Ingeborg Siese.
Ab 1956 restaurierte sie Sandstein-Skulpturen und schuf Ornamente an Bauten in Bremen, Niedersachsen und Westfalen in Arbeitsgemeinschaft Ludwigig Ahner,den sie 1959 heiratete.


(Stadtwaage)

Sie zog mit ihrem Mann nach Worphausen. 1960 wurde ihre Tochter Susanne, 1966 ihr Sohn Christian geboren.Ihre freie künstlerische Arbeit wurde durch die familiären Verpflichtungen stark eingeengt. Dennoch führte sie zahlreiche Aufträge in verschiedenen Städten aus und beteiligte sich an zahlreichen Gruppenausstellungen.(siehe Anhang) Sie war Mitglied der GEDOK und des BBK Bremen. Zwischen 1970 und 1980 gab sie Kurse für Figürliches Gestalten im eigenen Atelier. 1979 starb ihr Mann. Für sein Grab auf dem Worpsweder Friedhof schuf sie eine Skulptur.



Ab 1980 schuf sie Terrakotta-Kleinplastiken und großen Gips- und Bronzeplastiken zu sozialkritischen Themen wie den Umgang miteinander. Es entstanden Skulpturengruppen zum Thema der Frau als Gebärmaschine und zu dem lebensfeindlichen Umgang mit alten Menschen.

Drei Damen im Café


1996 verlieh ihr die Gemeinde Lilienthal für ihr besonderes Engagement die Ehrennadel.2007 schenkte sie der Bürgerstiftung Lilienthal die Skulptur die heilige Elisabeth. 2008 erhielt sie den Schroeterpreis vom Lions Club Lilienthal für ihr Lebenswerk.

Anlässlich ihres Todes würdigte die Gemeinde Lilienthal die Verstorbene mit folgenden Worten: Die Bildhauerin Ingeburg Ahner-Siese war engagiert, kämpferisch und vertrat offen ihre Meinung. Mit ihren Skulpturenschenkungen demonstrierte sie ihre enge Verbundenheit mit Lilienthal und prägte das Ortsbild. Ihre Spuren sind allgegegnwärtig. …Die Gemeinde Lilienthal wird der Verstorbenen ein ehrendes Gedenken bewahren.2

An der Landstraße von Lilienthal nach Worphausen steht seit 1995 diese Skulptur von ihr.
In zahlreichen Einzelausstellung in verschiedenen Städten wurden ihre Werke ausgestellt.Sie beteiligte sich auch an Gruppenausstellungen. 1991 zeigte sie in Berlin gemeinsam mit ihrer Tochter Skulpturen in der Ausstellungshalle Rathaus Schöneberg unter dem Titel Bildräume Lebensräume
Hier finden sie eine Liste der Werke und Ausstellungen
Anmerkungen: 1. Ingeborg Ahner Siese: Schlaglichter auf die Zeit,in: Die Bildhauer der Bremer Bauhütte, Katalog 1986. S.61 2. Anzeigen | 11.11.2017 | Wuemme Zeitung. Literatur und Quellen: Die Bildhauer der Bremer Bauhütte, Katalog 1986. Jubiläum für ein gerettetes Baudenkmal.Erika Thies: Weser-Kurier 12.04.2010
Bildquellen: http://ahner-siese.de/content/portraet/
Autorin: Edith Laudowicz