Isenbergheim Kornstraße 209

 


Die Namensgeberin des Isenbergheims, Wobetha Margarethe Isenberg (12.5.1846 - 10.3.1933), war gemeinsam mit ihrem Ehemann Paul Isenberg stark christlich und sozial engagiert. Nach dem Tod ihres Mannes 1903 setzte sie dessen soziale Arbeit fort. Sie ermöglichte mit großzügigen Spenden die Errichtung von Kirchen sowie kirchlichen, weltlichen und sozialen Einrichtungen. Einen Schwerpunkt ihrer Arbeit bildete die Tätigkeit bei der Inneren Mission, deren Frauengruppe sie angehörte.
Sie setzte sich besonders für sogenannte "gefallene" oder "gefährdete" junge Mädchen ein und engagierte sich im "Verein für eine Zufluchtsstätte für Frauen und Mädchen", dessen Vorsitzende sie 1908 wurde. Ziel war es "obdachlosen, hilflosen und mittellosen Frauen, Mädchen und Kindern Kost, Unterkommen und Arbeit zu beschaffen."
Im Jahre 1912 wurden aus der Stiftung 100.000 RM bereit gestellt, 1914 wurde mit dem Bau und der Einrichtung einer Zufluchtsstätte für Mädchen an der Kornstraße 209 begonnen, das nach Plänen der Architekten Abbehusen und Blendermann errichtet wurde. Am 17.1.1915 wurde es seiner Bestimmung übergeben. Ab 1915 wurden dort kurzfristig Kinder zwischen zwei und vierzehn Jahren zur Betreuung untergebracht. Im April 1921 wurde das Heim erweitert und es diente jetzt ganz als Kinderheim.
In den Bremer Nachrichten1 hieß es: Die neue Zufluchtsstätte konnte gestern besichtigt werden….Die Eröffnungsfeier vollzog sich im kleinen Kreis des Vorstands und des Aussichtraters des Vereins "Zufluchtsstätte im Tagesraum, wo Pastor Frid eine kurze Ansprache hielt. Frau Bernhardine Schulze Smidt hatte zur Eröffnung des Hauses ein schönes Gedicht gesandt und ließ Brot und Salz überreichen.
Ab 1933 - 1941 diente es zur Versorgung von Kindern, deren Väter eingezogen und deren Mütter in Rüstungsbetrieben arbeiteten. Betreut wurden sie von Jungscharführerinnen des BDM. Als das Marthasheim in der Osterstraße 1944 bei einem Bombenangriff vollständig zerstört, wurde, wurden die dieses Hauses Mädchen im Isenbergheim untergebracht. Darunter befanden sich auch einige Mädchen, die als gefährdet und nicht mehr besserungsfähig eingestuft wurden. Sie wurden einem strengen Reglement unterstellt. Einige wurden in geschlossene Einrichtungen die beiden Fürsorgeheimen Kaiserswerth und Aprath/Oberdüssel verlegt, Einige Mädchen wurden in Jugendkonzentrationslager Uckermark verlegt und von dort in die Vernichtungslager weitertransportiert. Zu dieser Mädchengruppe gehörte Ella Nürnberg, die 1944 als 16-Jährige in das Isenbergheim eingewiesen wurde. Nach einigen Fluchtversuchen überwies das Landesjugendamt Bremen sie innerhalb kurzer Zeit in verschiedene geschlossene Einrichtungen und schließlich im Januar 1945 in das Jugendkonzentrationslager Zum Ende des Krieges wurde Ella Nürnberg in die Konzentrationslager Ravensbrück, Mauthausen und zuletzt Bergen-Belsen deportiert und starb dort.
Nach dem 2.Weltkrieg wurden im Isenbergheim junge Frauen untergebracht, die auf den sogenannten Hamsterfahrten2 aufgegriffen wurden und sich nicht ausweisen konnten. Sie blieben dort in Gewahrsam, bis sie von ihren Eltern oder Verwandten abgeholt wurden - was oft nicht geschah. Die Schwestern des Diakonissenhauses unterrichteten sie in Nähen, Sticken und Gartenarbeit, um sie vor Gefährdungen zu schützen. Allein 1945 waren es 50 Mädchen. Wie schon bei der Gründung wurde es wieder eine Unterbringung für gefährdete Mädchen, zeitweise sogar ein geschlossenes Heim.
Obwohl direkt nach dem 2.Weltkrieg die Jugendamtsleiterin Mintje Bostedt Reformen in den Erziehungsheimen durchsetzte, kam es in den 70er Jahren aufgrund von restriktiven Erziehungsmaßnahmen zu einem Skandal und das Heim, das seit 1960 der Innere Mission gehörte, wurde 1978 als Mädchenwohnheim aufgegeben und seitdem als beschützendes Wohnheim für ältere Männer genutzt.
Nach einer erneuten Nutzung wurde es 1995 wegen mangelnder Nachfrage wieder geschlossen und später für die Unterbringung von Wohnungslosen genutzt. Gegenwärtig stellt es 35 Wohnheimplätze mit vollstationärer Versorgung für ältere, oftmals alkohol- und mehrfach kranke Männer zur Verfügung, um sie vor Obdachlosigkeit zu bewahren. Das Haus wurde 2015 aufwändig renoviert und eine Plakette zur Erinnrung an die Ereignisse während des 2. Weltkrieges angebracht..

Quellen:
Frauenaktionseinheit (Hrsg.): Isenbergheim. Mädchengefängnis. Dokumentation zu den Vorfällen in einem Bremer Mädchenheim. Bremen 1977
Fuchs, Robert im Auftrag des Arbeitskreises zur Aufarbeitung der Heimerziehung im Land Bremen (Hrsg.): "Und keiner hat sich gekümmert!" Dokumentation zur Geschichte der Bremer Heimerziehung 1945-1975, Bremen 2012
Schwarzwälder: Das große Bremen Lexikon, S.427
Grundlagenstudie zur Aufarbeitung der Bremer Jugendhilfe und Jugendfürsorge in der NS-Zeit" von Gerda Engelbracht und Dr. Andrea Hauser, März 2015,

AutorinEdith Laudowicz