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Aufschnaiter, Dorit von, geb. Freytag 5.8.1938 Wilhelmshaven - 28.2.2013 Bremen
 

Dorit Freytag war das dritte Kind des Ehepaares Dipl. Ing. Wilhelm Freytag und seiner Frau Ingeborg, geb. Rahtgen. Von 1944-51 besuchte sie die Volksschule in Plön, danach bis 1955 die Internatsschule Schloss Plön. Nach der Schulzeit wäre sie gerne Sportlehrerin geworden, dies aber gefiel ihrer Mutter nicht: "Das kommt nicht in Frage, wenn du mit vierzig Jahren über den Schwebebalken wackelst, dann lachen deine Schülerinnen und Schüler."1 Sie sollte ihrer Meinung nach Krankengymnastin werden.
Nach einer ersten Anschauung des Berufes in einer Klinik, in der "furchtbar viele Patienten...an erschreckend schwarzen, abstoßenden Geräten die komischsten Sachen übten,"2 war sie von dem Gesehenen angetan. Von 1955 bis 1956 besuchte sie die Landes-Fachschule für Frauenberufe in Flensburg, absolvierte ein Praktikum in Kiel in der Orthopädischen Klinik Dr. Lubinus. Im Frühjahr 1957 begann sie mit der Ausbildung an der Krankengymnastik-Fachschule Dr. Lubinus in Kiel. Danach war sie bis 1960 in der Orthopädischen Klinik Dr. Voss in Lübeck beschäftigt. Eine schwere Krankheit, die zu mehreren Krankenhausaufenthalten führte, ließ für sie zunächst eine weitere Berufstätigkeit unmöglich erscheinen. Doch nach einem einjährigen Weiterbildungsseminar 1962 für künftige Lehrkräfte an der Krankengymnastikschule in Berlin, nahm sie eine Tätigkeit als Lehrkraft für Pädiatrie, Orthopädie, Bewegungslehre und Berufskunde in der Krankengymnastik-Fachschule Dr. Lubinus in Kiel auf.
Am 29.3.1969 heiratete sie Dr. Stefan von Aufschnaiter, der seinen Sohn Matthias mit in die Ehe brachte. Das Paar bekam drei Töchter: Claudia, Ulrike und Annelie.
1972 gründete sie im eigenen Haus in Schwachhausen eine Praxis mit dem Schwerpunkt Neuropädiatrie. "Sie sah als Krankengymnastin Früherkennung und -Behandlung von Babys und Kleinkindern mit zerebralen Bewegungsstörungen und anatomischen Missbildungen als ihre wichtigste Aufgabe an."3 Ihr besonderes Interesse galt der Votja-Methode, sie ließ sich 1973/1974 darin ausbilden und wurde rasch zu einer engagierten Lehrtherapeutin. Diese Methode geht davon aus, dass die Bewegung durch bestimme Areale im Gehirn gesteuert wird, und durch Druck auf bestimmte Körperpunkte reflexmäßig die Bewegungsmuster hervorgerufen werden können. Fortlaufend an der Vervollkommnung ihres Wissens arbeitend, stellte sie ihre immer größer werdende Praxis als eine fachspezifische Ausbildungsstätte für die neurophysiologische Behandlungsmethode nach Vojta zur Verfügung."4 Um den Eltern ihrer kleinen Patientinnen und Patienten eine Möglichkeit des Austauschs untereinander zu geben, "lud sie alljährlich zum Kaffeeklatsch. Die Kinder konnten mitgebracht werden."5 Sie nahm auch Kinder in ihr eigenes Haus auf, um Eltern zu entlasten. Ihre Arbeit wurde immer wieder von der eigenen Krankheit unterbrochen, erst 1989 konnte nach zahlreichen Klinikaufenthalten und Operationen die eindeutige Diagnose erstellt werden. Sie litt an einer Autoimmunerkrankung.
Zeitlebens setzte sie sich berufspolitisch für die Interessen ihrer Kolleginnen ein - 15 Jahre war sie Vorsitzende des Landesverbandes Bremen des Deutschen Verbandes für Physiotherapie/Krankengymnasten (ZVK) e.V. Im Januar 1995 wurde sie "für ihr großes Engagement für den Berufsstand sowie ihre aktive Tätigkeit in der Weiterbildung von Physiotherapeuten/Krankengymnasten" mit der Ehrennadel des ZVK ausgezeichnet.6
Ab 2001 war sie weniger krankengymnastisch tätig, engagierte sich aber bei der Beratung ehemaliger (Langzeit-) Patienten und Kollegen im In- und Ausland.
Als Vorsitzende des Kiwanis-Club Bremen Atlantica engagierte sie sich mit großem Einsatz für behinderte Kinder in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Sie unterstützte erfolgreich Initiativen zu individueller Hilfe sowie zur Verbesserung der Ausbildung von Therapeuten in diesen Ländern.

Ihr Lebenswerk wurde im Jahr 2011 vom Bundespräsidenten durch die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande gewürdigt.


Anmerkungen: 1.Dorit von Aufschnaiter im Gespräch mit Elvira Braun: http://www.physiotherapeuten.de/dialog/archiv/a_ivw08.html, Zugriff 22.10.2014
2.ebda.
3.Würdigung der Physiotherapeutin Dorit von Aufschnaiter von Marion Pawelek.
4.Nachruf der Internationalen Vojta-Gesellschaft, http://www.vojta.com/de/organisation/persoenlichkeiten/2-uncategorised/59-dorit-von-aufschnaiter, Zugriff 22.10.2014.
5.Wie Anm.3.
6.fileadmin/data/nordverbund/files/pdf/Bundesverdienstkreuz_Physiotherapeutin(1).pdf. 7.Kiwanis ist eine weltweite Organisation von Freiwilligen, die sich aktiv für das Wohl von Kindern und der Gemeinschaft einsetzen. Aktive Frauen und Männer aus allen Berufen und Bevölkerungsschichten engagieren sich überparteilich und über Konfessionen hinweg. Publikationen:
Aufschnaiter, Dorit von/Feldkamp, Margit: Krankengymnastische Behandlung der infantilen Zerebralparese, München 1989
Hüter-Becker, Antje/Dölken, Mechthild: Physiotherapie in der Pädiatrie, München 2010

Literatur und Quellen:
Lebenslauf von Dorit von Aufschnaiter, zur Verfügung gestellt von ihrer Tochter Prof. Dr. Claudia von Aufschnaiter
Weser-Kurier 30.4.2007, 4.10.11., 30.4.2007, 6.3.2013
Bildquelle: Internationale Vojta-Gesellschaft


Autorin:Edith Laudowicz