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Emilie Bendel
1836 in Berne - 14.11.1915 Bremen

 

 border= Emilie Bendel (hinten links) war die Tochter des Postmeisters Johann Berend Bendel und seiner Ehefrau Margarethe, geb. Hüpers. Sie wurde in Berne geboren, verbrachte aber ihre Kindheit und Jugend in Oldenburg. Dort besuchte sie die Private Höhere Mädchenschule von Dr. Steinhoff "und setzte den Sprachunterricht an dieser Schule auch nach der Konfirmation fort."1 Nach dem Ende der Schulbildung war sie zunächst im Haus des Schuldirektors tätig, erhielt dann eine Stelle in einer privaten Schule. Dort unterrichtete sie drei Jahre in den unteren Klassen, hospitierte außerdem in den Oberklassen und bildete sich mit Privatunterricht in Englisch und Französisch weiter.
1861 siedelte sie nach Bremen über und arbeite drei Jahre im Hause des Kaufmanns Wätjen als Privatlehrerin. Um ihre Englischkenntnisse zu vervollkommnen, ging sie für zwei Jahre nach London, wo sie ebenfalls unterrichtete. 1865 kam sie zurück und wurde an den Höheren Mädchenschule von Fräulein Struckmann, eine der fünf Höheren Mädchenschulen in Bremen, eingestellt. 1866 absolvierte sie ihre erste Lehrerinnenprüfung in Englisch, Französisch und Geografie, bestand diese aber zunächst nur im erstgenannten Fach. Da sie jedoch dennoch eine Lehrerlaubnis erhielt, setzte sie ihren Unterricht an der Höheren Mädchenschule von Fräulein Albers und Herrn Habenicht fort. Im darauf folgenden Jahr legte sie auch die beiden anderen Prüfungen erfolgreich ab.
Am 15. März 1870 erhielt sie die Konzession zur Errichtung und Leitung Höheren Mädchenschule, deren Leiterin sie bis 1898 blieb. Die Schule entwickelte sich sehr erfolgreich: 1870 begann sie zunächst mit zwei Schülerinnen, zwei Jahre später waren es 18, die Zahl der Schülerinnen stieg kontinuierlich an. Die Mädchen besuchten die Schule unterschiedlich lange: Es gab Schülerinnen, die diese Schule weniger als ein halbes Jahr und solche, die sie länger als 10 Jahre besuchten.2
Parallel dazu gründete sie 1893 eine Kochschule (Am Wall 129), die sie bis 1896 leitete, die das Ziel hatte, "den jungen Frauen der gebildeten Stände eine ausreichende Grundlage für alle Zweige der bürgerlichen und feineren Küche zu geben."3 Da diese Kochschule regen Zuspruch fand, ergab sich bald die Notwendigkeit der Erweiterung, außerdem wurde eine einheitlichere Organisation angestrebt. 1896 trafen sich in der Wohnung Emilie Bendels u.a. Hedwig Heyl, Felicie Gildemeister, Ottilie Hoffmann und Doris Focke, um den Frauenausbildungsverein zu gründen, der die gleichen Ziele verfolgte wie die Kochschule. "Der Verein 'Frauenausbildungsverein' hat den Zweck, die Tüchtigkeit und Erwerbsfähigkeit von Frauen und Mädchen in wirtschaftlicher Beziehung zu fördern, denselben eine theoretische, sowohl wie praktische Ausbildung zu Theil werden zu lassen, um dieselben in den Stand zu setzen, nicht nur einen eigenen Haushalt selbständig zu führen und zu leiten, sondern auch in selbständiger Stellung darin tätig zu sein."4
Die Kochschule wurde 1897 dem Ausbildungsverein angeschlossen, der sich fortan nach einer konstituierenden Sitzung nun endgültig Frauen- Erwerbs- und Ausbildungsverein nannte. Der Verein siedelte in die Pelzerstraße um, wo nun auch die Kochschule, die von Johanne Strube geleitet wurde, untergebracht war. In der Pelzerstraße wurde nun auch ein öffentlicher Mittagstisch angeboten, wobei "in getrennten Räumen ein Damen- und ein Herrentisch eingerichtet wurden".5 1907 war sie an der Gründung einer Auskunftsstelle für freiwillige Hilfsarbeit beteiligt, die Bürger, die sich ehrenamtlich karitativ betätigen wollten, beriet.
Emilie Bendel gehörte dem Vorstand des Frauen- Erwerbs- und Ausbildungs-Verein als Rechnungs- und Schriftführerin an. Im Januar 1909 eröffnete der FEAV eine Frauenschule, die als Vorläufer und Wegbereiter der Frauendienstschule und des späteren Sozialen Seminars angesehen werden muss, das sie Ansätze zur Ausbildung als Wohlfahrtspflegerin enthielt. Agnes Matthes und Emilie Bendel fungierten als Leiterin der Frauenschule. Der Lehrplan wies sowohl wissenschaftliche (Volkswirtschaftslehre, Bürgerkunde, Englisch, Kunstgeschichte) als auch hauswirtschaftliche Fächer (Ernährungslehre, häusliche Buchführung, Kochen) auf. Die Schule war als Vorbereitung für eine sich anschließende Berufsausbildung gedacht. Neben den fachlichen Kenntnissen sollten die jungen Frauen in die Lage versetzt werden, durch ein gewisses Maß an Mitbestimmung auch politisches Verantwortungsgefühl zu erwecken. Das hohe Schulgeld (vierteljährlich 60 Mark) führte jedoch bald zu einer Schrumpfung der Schülerinnenzahl und 1915 schließlich musste die Frauenschule ganz geschlossen werden. Zeitweilig hielt Emilie Bendel in der Frauenschule Vorträge zu geschichtlichen Themen.


Emilie Bendel blieb zeitlebens ledig und wohnte nach Beendigung ihrer Lehr- und Leitungstätigkeit gemeinsam mit verschiedenen Lehrerinnen in der Grünenstraße.

Hier finden Sie den Lehrplan
Literatur und Quellen:
1.u. 3 Drechsel, Wiltrud/Ulrike: Wer ging in Fräulein Bendels Höhere Töchterschule S. 109 - 132, S. 113 + 127, in: Höhere Töchter - Zur Sozialisation bürgerlicher Mädchen im 19. Jahrhundert, Bremen 2001,
2. Uhlenhaut, Hilda: 125 Jahre Frauenbildung, 1867 bis heue, Eine Chronik, Bremen 1992
Die Frauenschule des Frauen- Erwerbs- und Ausbildungsverein. Bericht über Entstehung und Entwicklung, StaHB AJ-63, Sammelbd. o.J.
4.Jahresbericht des Frauen Erwerbs und Ausbildungsverein 1897
5. ebda. StaHB 2-T.6.p.2.F.3


Autorin:Edith Laudowicz