Henriette Bromberger,
16.6.1881 Bremen ermordet 1942 im Ghetto Minsk
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Henriette Bromberger (24.8.1882-7.9.1930) wuchs mit ihren Geschwistern Siegfried (19.09.1879-31.12.1966) und Dora (16.6.1881-28.7.1942) in
einer künstlerischen Familie auf. "David Bromberger(geb.11.2.1853 in Köln) war 1876 nach Bremen gekommen und heiratete 1878 Franziska Steinberg
(geb.23.12.1856 -12.6.1905). David Bromberger spielte als Komponist, Pianist und Musiklehrer eine überragende Rolle im Bremer Musikleben.
Die städtische Musikkommission ernannte ihn 1902 für seine Verdienste um die Kammermusik zum Professor."1879 kaufte er das Haus in der Contrescarpe 93. Die drei Kinder wurden am 26.3.1888 im Bremer Dom getauft, die Eltern jedoch hielten an ihrem Judentum fest, waren jedoch für alle Glaubensfragen offen. Nach dem frühen Verlust seiner Frau im Jahre
1905 bewohnte David Bromberger bis zu seinem Tod sowie seine beiden Töchter das Haus bis zu ihrer Deportation."1
Henriette besuchte von 1888 bis 1898 die Höhere Mädchenschule von Emilie Bendel. Klavierunterricht erhielt sie von ihrem Vater, mit dem sie und Carl Barleben
erstmals 1902 und in einem Konzert im Kaisersaal des Künstlervereins auftrat. Der Rezensent des Konzerts in den Bremer Nachrichten lobte ihr hohes technisches
Niveau.3 1905 trat sie erneut mit ihrem Vater auf und in den Bremer Nachrichten hieß es: "Einen hervorragenden und in seiner Art seltenen Genuß boten die von Herrn
David Bromberger und seiner sehr begabten Tochter Fräulein Henny Bromberger aufgeführten Werke für zwei Klaviere…wir haben selten ein so gleichmäßige Spiel an zwei Flügeln gehört. Der Beifall der Zuhörer war darum auch…ein besonders lebhafter."4 Henriette. erhielt eine Ausbildung als Pianistin in Berlin an der
Staatlichen Hochschule für Musik bei Artur Schnabel. 1917 siedelte sie nach Berlin über und erteilte Unterricht am Stern'schen Seminar. Darüber hinaus nahm sie an einem Meisterkurs bei Artur Schnabel in Berlin teil und hatte gelegentlich bei Elly Ney Unterricht.
Nach Bremen zurückgekehrt, spielte sie während des Krieges überwiegend bei Hauskonzerten. Nach dem Krieg beteiligte sie sich als Klaviersolistin an Veranstaltungen des
Bremer Konzertvereins in der "Glocke" aber auch an den "Lichten Sonntagen", einer Veranstaltungsreihe für Menschen, die sich Konzerte nicht leisten konnten. Später musizierte sie auch mit den Geigern Ernst Glaser, Hermann Diener und Josef Schöberl sowie mit dem Cellisten August Wenzinger. Sie hatte eine Vorliebe für die Klaviermusik Wolfgang Amadeus Mozarts, nicht dagegen für „großgriffiges“ Repertoire. Nur gelegentlich führte sie zeitgenössische Musik auf. So wirkte sie etwa 1931 bei einer Paul Hindemith-Matinee mit.
Sie Sie hatte zahlreiche Kontakte zu Künstlern des Schauspielhauses und war Mitglied in der GEDOK, in der sie im Beirat zuständig für die Musiksparte war. Hier lernte sie auch die Schauspielerin Hilde Jary kennen und zwischen
ihnen entstand eine enge Freundschaft.
Henny erlangte als Klavierlehrerin hohes Ansehen in Bremen und sie nahm überwiegend fortgeschrittene Schülerinnen und Schüler an. "Ihre Schülerinnen waren u.a., Marga Andreas, geb. Lampe,
Maria Becker-Foß, Maria Harder, geb. Onken, Käthe Keith, geb. Scherling, Henriette Becker, Anni Koch, geb. Dittmer, Udelgard Körber-Grohne, Marianne Krasmann, Ilse Meyer-Röben, Gertrud Trefftz, geb. Abegg, Margareta Abegg, Martha Fritze, Hildegard Fitger, geb. Fritze. "Sie zeichnete sich nicht nur durch ihre hohe künstlerische Perfektion, sondern auch durch ihre Vielseitigkeit aus. Gewiß spielte sie bis zuletzt mit Vorliebe ‚alte' Musik,
doch vermochte sie sich durchaus der Moderne öffnen.4 Aufsehen erregte ihr gemeinsames Spiel im März 1931 mit Käthe van Tricht in Hindemiths
Anti-Oper "Ein Sketch mit Musik" im Schauspielhaus. Diese Veranstaltungen wurden auch von der Malerin Ida C. Ströver und Bertha und Else Wiegandt unterstützt.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde ihre Lebenssituation schwierig, denn sie hatte nur noch wenige Schülerinnen, da sie weder auftreten noch ihre Lehrtätigkeit
öffentlich ausüben konnte. 1931 war sie zum letzten Mal im großen Kreis zu hören: Am 11.Dezember spielte sie im Großen Saal des ‚Museums' im Rahmen eines vom
Bremischen-Lehrer-Verein organisierten Beethoven-Abends, im kleineren Rahmen war sie noch einmal 1932 bei einem Nachmittags-Konzerts im "Grünen Winkel" im Haus der Familie Kuhlmann zu hören.
"1941 erreichte sie ein amtliches Schreiben. "Evakuierung" in den Osten. Die mittlerweile völlig zurückgezogen lebenden Schwestern - Dora durfte schon lange nicht mehr ausstellen, Henny hatte ihre letzten Schülerinnen, die sich noch durch den Hintereingang hineintrauten, längst verloren - mussten kurz darauf eine Erklärung unterschreiben: "Ich, der unterzeichnende Jude, bestätige hiermit, ein Feind der Deutschen Regierung zu sein und als solcher kein Anrecht auf das von mir zurückgelassene Eigentum, auf Möbel, Wertgegenstände, Konten und Bargeld zu haben.Sie bekamen ein Merkblatt: "Meine Wohnung habe ich so herzurichten,
dass sie bei meinem Verlassen polizeilich versiegelt werden kann (…). Die Gas- und Lichtrechnungen sind vorher zu begleichen."5
"Sie lösten ihren Haushalt auf, versuchten ihr Haus und den Flügel an die Kirchengemeinde bzw. an Pastor Wilken zu verschenken (was jedoch durch eine Beschlagnahmung und einen späteren Zwangsverkauf des Hauses vereitelt wurde) und verabschiedeten sich von Freunden sowie von der Kirchengemeinde. Am 18. Nov. 1941 erfolgte die Deportation in das Ghetto der fast völlig zerstörten weißrussischen Stadt Minsk. Dort konnten sie eine Zeitlang unter vergleichsweise guten Bedingungen im Wehrmachtslazarett arbeiten. Nach den Massenexekutionen vom 28. bis 31. Juli 1942, bei denen in Minsk/ Maly Trostinez rund 30.000 Juden ermordet wurden,
verliert sich ihre Spur. Als Todesdatum gilt für beide Schwestern der 28. Juli 1942."6
Anmerkungen:
1.Rübsam Rolf, Text Stolperstein Henny Bromberger
2.Bremer Nachrichten, 21.2.1902, zit. In: Rübsam, Rolf S. 67
3.Rübsam S. 69
4.ebda. S.75
5.Fetthauer,Sophie, Henny Bromberger, Universität Hamburg,Musikwissenschaftliches Institut
6.Bleyel, Henning, TAZ Der Weg des Flügels, 15.3.2014
Literatur und Quellen:
Rübsam Rolf, Die Brombergers - Schicksal einer Künstlerfamilie, Bremen 1992
Autorin: E.Laudowicz
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