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Marie Julie Charlotte Eggers-Smidt, geb. Smidt

6.8.1844 in Bremen, + 29.12.1923 in Bremen


Die Eltern von Marie Smidt waren der Richter Dr.Hermann Smidt (1804-1879) und Gesche Catherine Wilhelmine Noltenius (1816-1846). Sie hatte fünf Geschwister: Johanne Henriette Wilhelmine (*1837-1857),Johann(*1839,) Johann Eberhard(* 1840 + 1841), Johann Eberhard Heinrich (* 1842 + 1848 in Bremen,) Metta Amalie Wilhelmine Smidt(* 1846).
Sie heiratete den Kaufmann Hermann Eggers (1836-1874), der nach sieben Jahren der Ehe starb. Doch erst durch Senatsbeschluß vom 6.2.1906 wurde ihr die ausschließliche Führung des Familiennamens Eggers-Smidt gestattet.

Marie Eggers-Smidt engagierte sich in einer Vielzahl von wohltätigen Einrichtungen und Vereinen, so auch im Bund evangelischer Frauenvereine, der zum besonders sittenstrengen Flügel der Sittlichkeitsbewegung gehörte: Ihr besonderes Interesse galt Frauen und Mädchen in Not. Sie verband dabei persönliche Betreuung mit organisatorischen Tätigkeiten.

Aus ihrer praktischen Arbeit in der bremischen "Auskunftstelle für Wohltätigkeit" (1898) im Frauen-Erwerbs und Ausbildung-Verein erkannte Marie Eggers-Smidt die Notwendigkeit, nicht nur zu beraten oder Hilfsangebote zu vernetzen, sondern auch über Arbeitsangebote die Existenzabsicherung der in Not geratenen Frauen zu gewährleisten. So richtete Marie Eggers-Smidt mit ihren Kolleginnen Abbes, Migault und Taaks einen Verein "Frauenarbeit" ein, der bedürftigen Frauen Näh- und Flickarbeiten von großen Firmen aber auch von Privatleuten verschaffte. Seit 1897 im Vorstand des Frauen- Erwerbs- und Ausbildungsvereins tätig, leitete sie ab 1899 mit Lucie Lindhorn, der langjährigen Vorsitzenden des Vereins, dessen Nähschule.

Ihr zentrales Interesse galt jedoch der "Sittlichkeitsfrage", die in der Frauenbewegung von links bis rechts intensiv diskutiert wurde und in enger Verbindung dazu, der "Gefangenenfürsorge", die sie nicht nur propagierte, sondern auch selbst betrieb.

Sie betreute junge Frauen, die als Prostituierte aufgegriffen, arretiert, als krank befunden und ins Krankenhaus verbracht worden waren. Hier lernte Marie Eggers-Smidt aus eigener Anschauung das Leben und das Schicksal der als "gefallen" eingestuften Frauen kennen. Sie selbst bezeichnete viele von ihnen als "Anfängerinnen", die erst durch die Internierung zu Prostituierten gemacht würden. Insbesondere für diese Gruppe forderte sie staatliche Fürsorge, Angebote für Arbeit und schulischen Unterricht. Außerdem wollte sie in Gefängnissen und Krankenhäusern Fürsorgerinnen eingesetzt wissen. Von ausschlaggebender Bedeutung für die Rückführung in die Gesellschaft hielt sie die Betreuung der Frauen durch eine mütterliche Freundin.

1905 gab Marie Eggers-Smidt Briefe heraus, die sie von Prostituierten erhalten hatte. Sie wollte damit die Lehren Lombrosos von angeborener "moralischer Inferiorität" infrage stellen und Sozialisationsbedingungen und wirtschaftliche Nöte als mitverantwortlich herausarbeiten. Damit wollte sie das Vorurteil korrigieren, dass Prostituierte zu einem ehrlichen und anständigen Leben nicht mehr fähig seien (Meyer-Renschhausen S. 287). 1900 hatte Marie Eggers-Smidt auch den Verein Jugendschutz gegründet, der sich fürsorgerischer Prophylaxe widmen sollte. Sie übernahm den Vorsitz des Vereins und erarbeitete mit den Mitgliedern ein umfangreiches, aus elf Arbeitsschwerpunkten bestehendes Hilfsprogramm. Es umfaßte die Einrichtung von Mädchenhorten, Flickschulen, die Bekämpfung des internationalen Mädchenhandels ebenso wie die Übernahme von Pflegschaften, Ferienpflege und persönlicher Arbeit mit Jugendlichen (ebda. S. 190). Für den Erfolg des Vereins sprachen, daß es bis zum 1. Weltkrieg acht Mädchenhorte gab, die Mädchen vor dem Herumstreifen und vor der Prostitution bewahren sollten.

Publikationen:
Prostituiertenbriefe, in: Zeitschrift zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten, Jg.1905
Literatur und Quellen:
Meyer-Renschhausen, Elisabeth: Weibliche Kultur und soziale Arbeit, Köln/Wien 1989;
StAB Familiengeschichtliche Sammlung (Maus)

Autorin: Hannelore Cyrus