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Marie Fitgere
1843 Delmenhorst - 1.11.1929 Bremen



 

Marie war die Tochter des Postmeisters Peter Diedrich Fitger und seiner Frau Clara, geborene Plate, verw. Dony. Das Ehepaar hatte zwölf Kinder. Ihr Bruder Emil wurde Chefredakteur der Weser-Zeitung, ihr Bruder Arthur in Bremen ein angesehener Maler.
1865 starb ihr Vater, die Mutter führte die Poststation weiter, gab sie aber 1869 auf, als es eine Eisenbahnverbindung nach Delmenhorst gab. Sie zog mit Marie, Cornelia und Emil nach Bremen in die Humboldtstraße. Mit ihrer Schwester verband Marie eine enge Beziehung, wenn sich auch beide im Temperament stark unterschieden. Während Marie eher zurückhaltend war, scheute ihre Schwester Cornelia derbe1 Scherze nicht, die ihrer Schwester noch bis ins hohe Alter peinlich waren. Ihr Bruder Arthur war ebenfalls seit 1869 in Bremen und erhielt viele öffentliche Aufträge: "Er malte in der Neuen Börse, im Schütting, im Haus Seefahrt, schmückte die Festsäle des Bremer Künstlervereins und schuf Altarbilder für mehrere Bremer Kirchen, u.a. für die Rembertikirche, die Friedenskirche und den Dom. Auch gestaltete er Plafonds, Friese und Wandbilder für die großbürgerlichen Villen der führenden Bremer Familien, der Melchers, Knoops, Lahusen, Lamotte, Gildemeister, Hachez, Wätjen, Rickmers, Schüttes und Woldes. Er stattete die Gemeinschaftsräume mehrerer Passagierdampfer des Norddeutschen Lloyd aus und entwarf die Ehrenbürgerbriefe und Glückwunschadressen der Stadt Bremen. 1890 kaufte Arthur Fitger an der Horner Heerstraße im Park des ehemaligen Knoopschen Schlosses, damals im Besitz seines Freundes, des Reeders Willy Rickmers, eine repräsentative Künstlervilla mit Atelier, in der er prunkvolle Kostümfeste und Konzerte veranstaltete."2
Marie führte ihrem Bruder den Haushalt und sorgte für einen repräsentativen Rahmen bei Empfängen in seinem Haus. Ihre eigene schriftstellerische Arbeit trat hinter dem Engagement für ihren Bruder zurück. Durch ihn nahm sie jedoch auch am gesellschaftlichen Leben der Stadt teil. So war sie dabei, als Johannes Brahms und Richard Wagner Bremen 1870 besuchten, deren Besuch sie anschaulich schildert: "Eines Tages sollten auch wir das Vergnügen haben, Reinthalers und Brahms bei uns zu bewirten. Es war ein warmer Maiabend und Arthur und ich hatten eine Maibowle angesetzt, und umwanden die große geschweifte Suppenterrine, die dazu aushelfen musste, an Deckel, Fuß und Henkel mit Grün und Blumen, um sie festlich zu maskieren; da kam schon Brahms! Eine Stunde zu früh, d.h. früher, als wir ihn erwartete hatten. Er wollte nämlich vorher ins Theater gehen und den ‚Trompeter von Säckingen' hören, er kannte die neue Oper noch nicht. 'Nehmt's nicht übel, dass ich schon da bin, aber ich bin fortgelaufen. So ein Zuckerwasser konnt' ich nicht länger aushalten'. Wir vergnügten uns dann bis zum Abendessen an der ‚Irisorgel'... Nachher unterrichtete er Cornelia im Zigarettenrauchen, er war überhaupt ein großer Raucher vor dem Herrn. ...In Rheintalers Haus sahen wir nicht lange nach dem Besuch Brahms, dem damals im vollsten Aufstieg strahlenden Stern der Sterne, Richard Wagner. Sein Besuch Bremens war in den Musikkreisen Bremens ein großes Ereignis. …Reinthaler gab ihm zu Ehren ein glänzendes Mittagessen und alle Notabilitäten der Kunst waren versammelt. …Die Gesellschaft stand vollständig und gespannt auf das Erscheinen des seltenen Gastes: da wurden die Türen weitaufgeschlagen und von Herrn und Frau Weinling gefolgt erschienen Richard Wagner und seine Frau Cosima auf der Szene. Er führte seine schöne und höchst elegante Gemahlin am Arm, die ihn zu unser aller Überraschung um Haupteslänge überragte und zu unseren allgemeinen, ehrungsvollen Verneigungen freundlich müde lächelte. Wagner überraschte alle durch seine dürre steife Figur in einem eng zugeknöpften schwarzen Rock. Um seinen Hals hatte er statt eines Hemdkragens ein breites, weißes Batisttuch gebunden und sah einem Dorforganisten ähnlich, der bei Bauernhochzeiten die Dorforgel spielt."3 Als 1891 ihre Mutter starb, verfasste sie eine Erinnerungsschrift mit dem Titel "Erinnerungen aus Vaterhaus und Vaterstadt und dem Posthaus in Delmenhorst." Allerdings erschien sie erst 1909 nach dem Tod ihres Bruders Arthur. Ihre Hauptaufgabe sah sie nun in der Verwaltung seines Nachlasses. Sie selbst hatte Skizzen und Bilder gesammelt und sie kümmerte sich um sein literarisches Werk, hinter dem ihr eigenes zurücktrat. "Auf ihre Initiative erschien in einem Berliner Verlag unter dem Titel "Einsame Wege" eine chronologische Auswahl seiner schönsten Gedichte."4 Die von ihr geplante Gesamtausgabe seiner Werke konnte sie nicht mehr fertig stellen.
1915 erschienen ihr Märchenspiel "Von den Fischer un sine Froo" und die plattdeutsche Verserzählung "De Reiherjagd im Stüh". Sie schrieb plattdeutsche Gedichte und Beiträge für die Delmenhorster Jahrbücher.
Nach dem 1.Weltkrieg erkrankte sie schwer und sie fürchtete bald zu sterben. Damit ihre Schwester "angenehme Unterhaltung im Falle ihres Todes habe, sorgte Marie für die Anschaffung eines Radios."5 Arthur Fitger geriet schnell in Vergessenheit, was sie sehr schmerzte. Als sie jedoch durch den Heimatforscher Georg von Lindern erfuhr, dass in Delmenhorst an dem Geburtshaus eine von ihm hergestellte Bronzeplakette angebracht worden sei, war sie überglücklich. Sie erholte sich von ihrer Krankheit nicht und starb 86jähring.
Publikationen:
Von den Fischer un sine Froo, Märchenspiel in 7 Bildern
Die Reiherjagd im Stüh, Vertellen in Versen
Erinnerungen aus Vaterhaus und Vaterstadt und dem Posthaus in Delmenhorst, Delmenhorst 1909
In den Delmenhorster Jahrbüchern:
Als das "Fitger-Haus" noch ein Posthaus war. 1929, 1. Jg., S. 38-42
Aus Alt-Delmenhorst. Das Stadtbild um 1850. 1929, 1. Jg., S. 33-37
Delmenhorster Markt um 1850. 1930, 2. Jg., S. 60-64
Ostern im alten Delmenhorst. 1932, in: 4. Jg., S. 26-28
Anmerkungen:
1.WK 29.7.1883
2.Garbas, Werner/Hethey, Frank: S.45-47
3.Erling, Katharina: Biografie Arthur Fitger, Kunsthalle Bremen
4.ebda
5.ebda
Literatur und Quellen: 1.Delmenhorster Kreisblatt, Von Hus und Heimat, S.65, 8.9.2008
2.Delmenhorster Kurier 9.11-4.77
3.Erling, Katharina: Biografie Arthur Fitger, Kunsthalle Bremen
Garbas, Werner/Hethey Frank: Delmenhorster Lebensbilder III, Marie Fitger
Wikipedia: Marie Fitger (plattdeutsch
) Garbas Werner: Delmenhorster Bibliographie 1741 - 2014
Autorin: Edith Laudowicz