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Heinemann, Hilda, geb. Ordemann


15.9.1898 Bremen, 5.5.1979 Essen


Hilda Ordemann kam als viertes Kind des Bremer Kaufmanns Johann Anton Ordemann (1864 - 1926) und seiner Frau Hannah, geb. Rohr (1869 - 1941) in Bremen zur Welt. Ihr Bruder Carl Conrad wurde am 6. Juni 1900 geboren, ihre Schwester Gertrud am 18.7.1894 und ihre Schwester Marie Margarethe am 21. April 18951.

Hilda besuchte zunächst 10 Jahre die Mädchenschule von Anna Vietor, danach die Frauenfachschule der Mathilde-Zimmer-Stiftung in Kassel und bereitete sich in privatem Studium in Mathematik, Latein und Griechisch zur Aufnahme in die Unterprima des Alten Gymnasiumsin Bremen vor, an dem sie eins von nur drei Mädchen war. Dort machte sie ihr Abitur. Anschließend studierte sie in München zwei Semester Deutsch und Geschichte. Weitere acht Semester hörte sie Religion (bei Rudolf Bultmann), Geschichte und Deutsch in Marburg, um Studienrätin zu werden. 1926 bestand sie dort ihr Staatsexamen als Studienreferendarin. Im selben Jahr heiratete sie am 24.10. Gustav Heinemann, den sie schon 1922 kennen gelernt hatte und sie zogen nach Essen, wo Gustav Heinemann eine Tätigkeit als Justitiars der Rheinische Stahlwerke aufnahm.

Das Ehepaar bekam drei Töchter: Uta1 wurde 1927 geboren, 1928 ihre Tochter Christa, 1933 die dritte Tochter Barbara und 1936 wurde der Sohn Peter geboren. Hilda Heinemann war aktive Christin, sie besuchte regelmäßig den Gottesdienst in der Kirchengemeinde Essen-Altstadt. Über ihre Schwester Gertrud, verheiratete Staewen, lernte das Ehepaar den Schweizer Theologen Karl Barth kennen, der sie stark beeinflusste. Wie dieser lehnten die Heinemanns jeden Nationalismus und Antisemitismus entschieden ab. Während der Zeit des Nationalsozialismus setzte sich Hilda Heinemann gemeinsam mit ihrem Mann für die Bekennende Kirche ein, dazu gehörte u.a. auch die geheime Vervielfältigung von Informationsschriften im Keller des Hauses. Um sich zu tarnen, fanden dort auch Treffen der BDM-Mädchen statt, denen ihre Tochter Uta angehörte. Die Familie Heinemann litt schon in den ersten Kriegsjahren litt unter den Bombenangriffen auf Essen, deshalb wurden die Kinder immer wieder für längere Zeit in Sauerland nach Winterberg gebracht, wo die Großeltern ein Haus besaßen. Im Frühjahr 1943 wurde das Wohnhaus der Heinemanns vollständig zerstört: "Der Sturm heulte durch die großen Zimmer unten, und wir nahmen mit Aufbietung aller Kraft noch die flatternden Gardinen ab. Rings um uns brannte es, Koppers stand in Flammen. Es war das Unheil dieser Nacht, dass der größte Teil der Stadt abbrennen musste, weil keine Möglichkeit zum Löschen war.... Bei diesem Bombardement wird das Haus der Heinemanns so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass sie beschließen, nach Langenberg zu ziehen - allerdings ohne den Vater. Dort wohnen sie zunächst in einem Haus zur Miete, wo sich Uta oben auf dem Dachboden eine Ecke zum Lernen einrichtet: "Ich musste ja immer lernen." Im Juni desselben Jahres 1943 verbringen sie gemeinsam die Ferien auf Rügen und kehren anschließend nach Essen zurück, wo sie in der Westerstraße nun vorläufig das Haus einer Familie bewohnen, die aufs Land gezogen ist und ihnen ihr Haus zur Miete überlässt."2 1945 wurde Gustav Heinemann von den Engländern als Oberbürgermeister in Essen eingesetzt, danach wurde er bis 1949 in das Amt gewählt.

Als Gustav Heinemann 1949 als Bundesinnenminister nach Bonn ging, blieb Hilda Heinemann in Essen. Erst 1969 als er Bundespräsident wurde, zogen die Heinemanns gemeinsam in die Villa Hammerschmidt. Während der Amtszeit(1969-1974).ihres Mannes als Bundespräsident war sie Schirmherrin des Müttergenesungswerks. Ebenfalls übernahm sie Schirmherrschaften bei amnesty international und beim Deutschen Frauenring. 1970 gründete sie die Hilda-Heinemann-Stiftung, Wohnstättenwerk für geistig Behinderte, die die Eingliederung geistig behinderter Erwachsener in das Berufsleben förderte. Auf ihre Initiative hin wurden auch zahlreiche Ausstellungen in der Villa Hammerschmid und im Schloss Bellevue gezeigt. "Einer, der zu den Eingeladenen gehörte, der Maler Karl Oppermann, hatte Hilda Heinemann bei ihrem Abschied im Februar gedankt. Er lobte ihren Mut, "eine persönliche Auswahl zu präsentieren", und das Ergebnis, anderen Mut gemacht zu haben, "ein persönliches, selbständiges Verhältnis zur Malerei und Bildhauerei zu finden: ein Stück mehr Freiheit" (Die Zeit, 10.5.1974.) Für ihr "Eintreten für den künstlerischen Menschen" erhielt sie 1975 den Kulturpreis der Stadt Kiel.

Ihr Mann starb am 7. Juli 1976 in Essen. Über die Beziehung der Ehepartner zueinander sagte ihr jüngerer Bruder Conrad Ordemann: "Es gab und gibt in dieser Ehe mit vier Kindern keine Abhängigkeiten, sondern nur ein gegenseitiges Geben und nehmen" und Hilda Heinemann zitierte anlässlich eines Gespräches mit einem Journalisten über ihre Vorstellungen zum Stichwort Emanzipation "Ich bin eigentlich mehr für das Wort Partnerschaft, und zitierte aus dem Talmud: "Gott hat die Frau nicht aus des Mannes Kopf geschaffen, daß er ihr befehle, noch aus seinen Füßen, daß sie seine Sklavin sei, vielmehr aus seiner Seite, daß sie seinem Herzen nahe sei."3

"Hilda Heinemann war eine Frau, die sich durch Intelligenz und Bildung, durch menschliche Wärme und Anteilnahme am Schicksal anderer auszeichnete. Verlässlich und mutig trat sie für ihre Überzeugungen ein, wobei sie, der hanseatischen Art entsprechend, nach außen kühl und sachlich wirkte."4

Quellen:

1. www.genealogy.net/privat/ordemann/kh1/kh1g14.htm, Abruf 10.8.14
2. Jugend! Deutschland 1918 -1945,Uta-Ranke-Heinemann, Lebensgeschichte,
3. Abschied von einem Amt, das es gar nicht gab Seite, Die Zeit 10.5.74. S.4
4. Holzner-Rabe, Christine, Bremer Frauen von A - Z, Bremen 1993, S.459
http://www.bundespraesident.de/DE/Die-Bundespraesidenten/Gustav-Heinemann/Hilda-Heinemann/hilda-heinemann-node.html,Abruf 10.8.2014
Gespräch der Autorin mit Uta Ranke- Heinemann 1977 in: Weil ich das leben liebe, Köln 1981 http:/altes Gymnasium.schule.bremen.de/deutsch ,die_schule/beruehmte.php, Abruf 10.8.14
Ihr Nachlass befindet sich im Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung

Autorin: Edith Laudowicz Hier finden Sie ein Interview mit ihrer Tochter Uta Ranke-Heinemann