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Prof. Dr. Inge Marßolek (auch Marssolek /Marszolek,
16.4.1947 in Hemer- 12.8.2016 in Bremen


Inge Marssolek studierte nach ihrer schulischen Ausbildung Geschichte und Romanistik an der Universität Bochum und Berlin. Hier engagierte sie sich in der Studentenbewegung in einer trotzkistischen Gruppe. Ihr Engagement kommentierte sie später."Wir hatten immer die bessere Analyse."1 Nach dem Studium arbeitete sie einige Jahre im Schuldienst. Sie setze jedoch ihre akademische Ausbildung fort und promovierte 1980 an der Technischen Universität Berlin. Danach war sie bis 1984 als Studienrätin als Lehrerin tätig.
Um ihre wissenschaftlichen Interessen weiter verfolgen zu können, nahm sie in Bremen für drei Jahre eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Senator für Bildung, Wissenschaft und Kunst an. Bis 1995 war sie stellvertretende Leiterin der Forschungs- und Bildungsstätte zur Geschichte der Arbeiterbewegung im Lande Bremen. 1994 habilitierte sie sich an der Universität Hannover und war anschließend Geschäftsführerin des Instituts für Regional- und Sozialgeschichte an der Universität Bremen.
Ing Marßolek war Vorsitzende der wissenschaftlichen Fachkommission der Abteilung Gedenkstättenförderung Niedersachsen der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, deren Arbeitsfeld die Erforschung und Verbreitung des Wissens über die Verfolgung und des Widerstands in der Zeit des Nationalsozialismus in den Jahren 1933 bis 1945 ist.
1986 erschien das Buch Bremen im "Dritten Reich" - Anpassung, Widerstand, Verfolgung", das sie gemeinsam mit Renée Ott und Peter Brand erarbeitete wurden. In beispielloser Detailarbeit werteten sie die Akten der Gestapo und die faschistischen Gerichtsurteile aus. Auf diese Weise konnte die Verfolgung und Bestrafung der Frauen und Männer des Widerstands, gleichzeitig aber auch die vielfältigen Aktivitäten des Widerstands in Bremen dargelegt werden, die in den Jahren zwischen 1933 bis 1945 erfolgten.
In anderen Publikationen setzte sie sich ebenfalls mit der Zeit des Faschismus auseinander: in dem Buch "Die Denunziantin Die Geschichte der Helene Schwärzel 1944-1947, schildert sie die Persönlichkeit und die Umstände, die Helene Schwärzel zur Denunzianten werden ließen.1997 erschien das gemeinsam mit Wiebke David verfasste Buch "Man hängt immer zwischen Himmel und Erde" Jüdische Emigrantinnen und Emigranten (1933-45) aus Bremen im Selbstverlag des Staatsarchivs Bremen. Es war Ergebnis eines Seminars von ihr. Es wurden Fragebögen an emigrierte Juden versandt. Das Buch enthält die Schilderungen von sieben Frauen und sieben Männern, die in verschiedene Länder emigrierten.
1999/2000 war sie Fellow am International Institute for Holocaust Research der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem und 2002 Visiting Professor am Koebner Institute der Hebrew University ebenfalls in Jerusalem. Ab dem Jahr 2000 war sie Professorin am Institut für Kulturwissenschaft der Universität Bremen. In dieser Zeit bekam sie zwei Kinder, trennte sich aber auch von ihrem Mann.
Sie war Mitglied im Studienkreis Rundfunk und Geschichte. Im Nachruf des Studienkreises heißt es: "Sie war eine beeindruckende Kollegin und Wissenschaftlerin. Die renommierte Medienhistorikerin war dem Studienkreis seit 2003 verbunden. …Ihre Forschungsarbeiten umfassen viele Themen des langen Jahrhunderts der Massenmedien' und zielen auf das Zusammenspiel von medialer Entwicklung und gesellschaftlicher Bedeutung der Medien. Einen Meilenstein der Rundfunkgeschichte bildet die zweibändige Geschichte des Radios, die sie zusammen mit Adelheid von Saldern und einer Forscherinnen-Gruppe erarbeitete. Ihre Forschungsarbeiten umfassen viele Themen des langen Jahrhunderts der Massenmedien und zielen auf das Zusammenspiel von medialer Entwicklung und gesellschaftlicher Bedeutung der Medien. Einen Meilenstein der Rundfunkgeschichte bildet die zweibändige Geschichte des Radios, die sie zusammen mit Adelheid von Saldern und einer Forscherinnen-Gruppe erarbeitete.2
Auch als Hochschullehrerin war sie sehr beliebt und war deshalb als Betreuerin von Doktorandinnen sehr begehrt. Anlässlich ihres Todes schrieben ehemalig und aktuell schreibende in der Todesanzeige: "Du hast uns unterstützt, gefordert, verteidigt, vertraut, bekocht, besucht, kritisiert, angespornt, überredet, begleitet, getröstet, getriezt, gekannt, zum Lachen gebracht, promoviert, auf den Weg gebracht."3
Sie engagierte sich in zahlreichen Beiräten und Expertenkommissionen und des Zentrums Medien, Kommunikation, Information (ZeMKI) der Universität Bremen. Zudem war sie Mitherausgeberin der Fachzeitschrift Werkstatt Geschichte und war Vorsitzende des Vereins Kritische Geschichtsschreibung.
Sie starb aufgrund einer Krebserkrankung.
Quellen: Nachruf von "Prof. Dr. Michael Wildt", Humboldt-Universität zu Berlin https://de.wikipedia.org/wiki/Inge_Marßolek
Traueranzeige Weser-Kurier, Anmerkungen: 1.Nachruf Dr. Wildt
2.Nachruf des Studienkreises:Prof. Dr.Inge Marszolek ist gestorben | Studienkreis Rundfunk und Rundfunkundgeschichte.de, Abruf 5.6.2018 3. zit. in: Nachruf Dr. Wildt

Publikationen (Auswahl)
Hier können Sie den Beitrag "Ich möchte dich gern mal in Uniform sehen -Geschlechterkonstruktion in Feldpostbriefenvon ihr lesen. Arbeiterbewegung nach dem Krieg (1945-1948). Am Beispiel Remscheid, Solingen, Wuppertal. Campus, Frankfurt am Main / New York 1983, ISBN 3-593-33101-2 (Dissertation TU Berlin 1980, 299 Seiten).
Mit René Ott, Peter Brandt: Bremen im "Dritten Reich". Anpassung, Widerstand, Verfolgung. Schünemann, Bremen 1986, ISBN 3-7961-1765-1.
(Hrsg.): 100 Jahre Zukunft. Zur Geschichte des 1. Mai. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main u. a. 1990, ISBN 3-7632-3729-1.
Die Denunziantin. Helene Schwärzel 1944-47. Edition Temmen, Bremen 1993, ISBN 3-86108-215-2.
Mit Heinrich Potthoff (Hrsg.): Durchbruch zum modernen Deutschland? Die Sozialdemokratie in der Regierungsverantwortung 1966-1982. Klartext, Essen 1995, ISBN 3-88474-253-1.
Mit Günter Jerouschek und Hedwig Röckelein (Hrsg.): Denunziation. Historische, juristische und psychologische Aspekte. (= Forum Psychohistorie, Band 7). Edition diskord, Tübingen 1997, ISBN 3-89295-616-2.
Mit Adelheid von Saldern (Hrsg.): Radio im Nationalsozialismus. Zwischen Lenkung und Ablenkung. Unter Mitarbeit von Daniela Münkel, Monika Pater und Uta C. Schmidt (=Zuhören und Gehörtwerden. Band 1), Edition Discord, Tübingen 1998, ISBN 3-89295-638-3.
Mit Adelheid von Saldern (Hrsg.): Radiozeiten. Herrschaft, Alltag, Gesellschaft (1924-1960)(Veröffentlichungen des Deutschen Rundfunkarchivs; 25). Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 1999, ISBN 3-932981-44-8.
Mit Marc Buggeln: Bunker: Kriegsort, Zuflucht, Erinnerungsraum. Campus, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-593-38603-4.
Mit Stefan Mörchen (Hrsg.): Museum und Zeitzeugenschaft [Thementeil], in: WerkstattGeschichte 62 (2013) (hier Volltext online PDF, kostenfrei, 11 Seiten, 1,5 MB) I. Marßolek,Inge/Stieglitz O.(Hg.): Denunziation im 20. Jahrhundert
Marßolek, Inge:Zwangsarbeiter in Bremen während des Zweiten Weltkrieges,Hrsg.Senator für Bildung, Wissenschaft und Kunst, Bremen.
Marßolek, Inge/BuggelnMarc[Hrsg.]:Bunker - Kriegsort, Zuflucht, Erinnerungsraum:Frankfurt, M.:Campus, 2008 ISBN: 9783593386034.
Marßolek, Inge/Potthoff,Heinrich (Hg.)Durchbruch zum modernen Deutschland? Die Sozialdemokratie in der Regierungsverantwortung 1966-1982.Klartext Verlag, Essen, 1995. Frankfurt, M.1986: Campus, 2008 ISBN: 9783593386034
Lührs, Wilhelm/ Inge Marßolek und Erich Müller: Reichskristallnacht" in Bremen - Vorgeschichte,Hergang und gerichtliche Bewältigung des Pogroms vom 9./10. November 1938 - Mit einem Nachwort von Senator Volker Kröning - Herausgegeben vom Senator für Justiz und Verfassung der Freien Hansestadt Bremen,Steintor Verlag, Bremen, 1988 ISBN: 3926028408/3-926028-40-8

Autorin: Edith Laudowicz