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Marie Müller,geb. Schmidt
1874 Bremen - 1967 Bremen
 

Marie Müller gehört zu den vielen namenlosen Frauen Bremens, dennoch ist ihr Leben bemerkens- und erinnernswert. Schon zu Beginn des Jahrhunderts trennte sich Marie Müller, die aus einer selbständigen Binnenschifferfamilie stammte, von ihrem Mann, einem Holzbildhauer aus dem Thüringischen. Mit Näharbeiten sicherte sie das Einkommen für sich und ihre fünf Kinder, die deshalb schon früh mitarbeiten mussten.

Während der Weimarer Zeit reichte aufgrund der hohen Inflationsrate das Einkommen nicht, um der jüngsten Tochter Mieke(*1905) eine Ausbildung zu ermöglichen - der Sohn Willy schickte Teile seines Seemannslohnes, und so konnte Mieke die Kunstgewerbeschule besuchen und anschliessend eine Lehre als Stickerin und Entwurfszeichnerin absolvieren.

Marie Müller, die zunächst im Ostertorviertel wohnte, zog an die Schlachte um dort einen Hausmeisterposten gemeinsam mit ihrer Tochter Mieke auszuführen. Marie Müller interessierte sich nur wenig für Politik, als jedoch ihre Söhne Willy und Karl 1933 inhaftiert wurden und ihre Strafe im KZ Sachsenhausen bzw. Dachau verbüßen mussten, ließ sie sich von der Gestapo, die sie und die Tochter Mieke ständig überwachten, nicht einschüchtern. Sie wurde sogar aufmüpfig: "Wenn die an diesem Eintopf-Sonntag kamen, um zu sammeln, sagte sie immer, sie hätte zwei Söhne im KZ und könne nichts geben," erinnerte sich die Tochter Mieke.

Ihre Wohnung wurde zu einem Treffpunkt von Gegnern des Faschismus. Es ist nicht die Haft der Söhne, die die Ehre von Marie Müller verletzte, es war die Tatsache, dass sie nun, da ihr Einkommen als Weisnäherin nicht ausreichte, Sozialhilfe von jenem Staat, den sie verachtete, in Anspruch nehmen musste. Von ihrem spärlichen Einkommen sparte sie sich noch etwas ab, um ihren Söhnen Pakete schicken zu können. Die Familie, nun in der Großenstrasse im Stephani-Viertel wohnend, erlebte die heftigen Fliegerangriffe. Schließlich vernichteten die Bomben auch ihr Haus. Marie Müller blieb noch eine kurze Zeit in Bremen, um dann jedoch angesichts der immer schwieriger werdenden Situation zu ihrer Tochter nach Stendorf zu ziehen.

Als Willy Müller schließlich 1945 aus Dachau zurückkehrte, war die bis dahin unpolitische Frau durch die Erfahrung mit dem Nationalsozialismus zur Kommunistin geworden - sie trat als über 60-jährige der KPD bei. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte die hochbetagte Frau im Altersheim. Hier finden sie die Aufzeichnungen Willi Müllers sowie Infomationen zur Familie Müler.


Literatur und Quellen:
Briefwechsel zwischen Marie Müller und Willi Müller in Privatbesitz,
Interviews mit der Verfasserin mit Mieke Müller und Walter Federmann;
Laudowicz, Edith: Ich war in Dachau, Bremen 1985
Hier das Tagebuch Autorin: Edith Laudowicz