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Segelken, Elisabeth
19.2.1988 Bremen - 30.10.1965 Bremen
 


Elisabeth Segelken wuchs in Grambke als Tochter des Lehrers Christian Segelken und Mathilde Segelken, geb. Christoffer,auf. Aufgrund einer Lungenentzündung verließ sie zwei Jahre früher die Schule und konnte nicht sogleich das Lehrerinnenseminar von A. M. Janson besuchen. Während ihrer Ausbildung wurde sie durch Agnes Heineken stark beeinflusst, über die sie schrieb: "Sie war es, die durch ihr Sein, durch ihre strömende Kraft ihrer Persönlichkeit, ihren lebendigen Unterricht, ihren Glauben an die geistige Macht, auch in uns einen Idealismus weckte..." Zunächst wurde sie drei Jahre als Hilfslehrerin von Schule zu Schule geschickt und dann an der Schule am Holzhafen eingesetzt. Hier lernte sie die ärmlichen Lebensbedingungen der Jute-Arbeiterinnen kennen: "Mittags und abends kamen mir die Frauen, unter denen Mütter meiner Kinder waren, aus der Fabrik entgegen. Dann war man mitten in dem ranzigen Jutegeruch, denn das Haar und die Kleider der Frauen hatten sich vollgesogen mit dem feinen Staub der Jutefasern".

Anfang 1913 ließ sie sich aus gesundheitlichen Gründen an die Schule an der Berckstraße in Horn, damals noch eine ausgesprochene Landschule, versetzen, an der sie bis 1953 unterrichtete. über den ersten Tag in dieser Schule schrieb sie in ihren Erinnerungen: "An diesem ersten Morgen war mein Herz vor Heimweh erfüllt, Heimweh nach meiner kleinen freundlichen Mädchenklasse am Holzhafen. 50 Jungen und Mädchen saßen hier vor mir... Eine Landschule hat Tradition, hat lang eingepflanzte Gesetze, gegen die ich, gewohnt, schnell und frei zu handeln, ohne zu ahnen, gleich am ersten Morgen verstieß. Wie konnte ich ein Mädel auf einen freien Platz neben einen Jungen setzen. Entsetzen auf beiden Seiten. Der Junge rutscht nach links, das Mädel nach rechts...Das Mädel fängt an zu weinen, weil ich die beiden zwinge, empört über so viel Albernheit, so zu sitzen, wie es sich für Schulkinder gehört...".
Die Schule zog 1929 in ein neues Gebäude an der Horner Heerstraße. In der Zeit des Nationalsozialismus konnte sie unbehelligt weiter unterrichten, sah sich aber aufgrund ihres labilen Gesundheitszustandes vermehrt Angriffen der Eltern ausgesetzt, die vom Schulleiter ein Eingreifen forderten. Dieser stellte sich jedoch vor sie und bescheinigte ihr großen Fleiß und Einsatzbereitschaft.
1939 wurd die Schule in einen Flakstand verwandelt und die Klassen evakuiert. Elisabeth Segelken wurde im November 1943 nach Sulingen versetzt und betreute 1945 eine Klasse im sächsischen Hohenstein-Ernstthal, von wo sie mit 22 Kindern vor den heranrückenden sowjetischen Truppen nach Bremen floh. 1946 wurde sie wieder in Horn eingesetzt und unterrichtete dort bis 1953 zur Erreichung der Altersgrenze. Schon ein Jahr vor ihrer Pensionierung erschien ein kleines Büchlein im Selbstverlag "Aus dem Kinderland einer Bremerin", in dem sie vor allem über ihre Kindheit in Grambke erzählt. Ihr zweites Buch "Wolken, die vorüber zogen" erschien 1954 und schließlich 1959 "Eine Fahrt in die Vergangenheit - Geschichten aus dem alten Schwachhausen", eine detaillierte Beschreibung des damaligen Dorfes Schwachhausen, und "Wie auch die Fahrt sich Wende, das Ende - Gottes Hände, Eine Familiengeschichte aus der Zeit der Segelschiffahrt". In dieser Schrift beschreibt sie das Leben ihrer Urgroß- und Großeltern und deren Geschwister. Es enthält u.a. auch ein bemerkenswertes Porträt ihrer Großtante, die in Bremen-Burg ein Geschäft aufbaute und bald bekannt wurde für ihren Mut und ihre Furchtlosigkeit in der Auseinandersetzung mit den Zollbehörden an Bremens Stadtgrenze. Der kleine Laden am Stadtrand war munter einbezogen in die Schmuggelgeschäfte. Diese Tante heiratete im Alter von 60 Jahren (1888) einen um 20 Jahre jüngeren Mann, ein für die damalige Zeit geradezu skandalöser Vorfall. Elisabeth Segelkens letzte Bücher sind "Erinnerungen einer alten Lehrerin", in welchem sie ihren Schulalltag beschrieb und "Kleine Bremer Geschichten um die Jahrhundertwende". Elisabeth Segelkens schriftstellerische Arbeit hat vor allem dokumentarischen Wert. Ihre Bücher geben interessante Einblicke in den Bremer Alltag, das Familienleben einer Bremer Familie, in

das Leben der Stadtteile Grambke und Schwachhausen und schließlich in den Schulalltag einer Lehrerin. Elisabeth Segelken, unverheiratet und kinderlos, verstarb im Jahre 1965. Im gleichen Jahre hatten zwei ihrer Bücher "Aus dem Kinderland..." und "Geschichten aus dem alten Schwachhausen" eine Neuauflage erlebt.
Publikationen
Aus dem Kinderland einer Bremerin, Bremen, 1952; Wolken die vorüber zogen, Bremen 1954; Eine Fahrt in die Vergangenheit
Geschichten aus dem alten Schwachhausen, Bremen 1959

Literatur und Quellen:
Zitate aus ihrem Buch "Erinnerungen..."
In Horn-Lehe ist eine Straße nach ihr benannt.

Autorin:Edith Laudowicz