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Josepha Erling, geb. Berentzen

16.12.1861 Haselünne - 13.11.1948 Bremen
 

Josepha Berentzen wurde als Tochter des Inhabers des bis heute noch existierenden Brennereibetriebs "I.B. Berentzen" in Haselünne geboren. Sie besuchte eine Töchterschule. Als der Vater am 26. Juli 1886 starb, war der Sohn, der eigentlich als Nachfolger vorgesehen war, noch n der kaufmännischen Ausbildung. Josepha heiratete am 4. September 1888 Carl Erling, den sie beim Einkauf von Weizen für Korn kennen gelernt hatte, führte die Firma aber noch weiter. In dieser Zeit reiste der Ehemann jede Woche, teils mit der Bahn, teils mit der Kutsche, nach Haselünne und "sah nach dem Rechten", ohne seine Ehefrau jemals in seine Überlegungen einzubeziehen. Carl Erling übernahm die von seinem Großvater, dem Mühlenbaumeister Bernhard und seinem Vater errichteten Mühlen, darunter die Herdentorsmühle in den Bremer Wallanlagen.

Carl Ehrling war stark sozial engagiert, u.a. auch in der katholischen St.Johannis-Gemeinde. Die Familie lebte in einem großen Haus am Osterdeich 59. Das Ehepaar hatte acht Kinder, zwei Söhne und sechs Töchter.


Die Familie Erling Clara, Elisabeth, Maria, Hans, Helene, Josepha, Agnes und Carl Erling

Durch das familiäre wohltätige Engagement in der Kirchgemeinde wurde sie mit der Not alleinstehender Frauen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Dienstbotinnen ihr Glück in der Großstadt suchten, konfrontiert. Sie waren nahezu rechtlos und total abhängig von ihren Dienstherren. In Bremen lebten um die Jahrhundertwende ca. 8.000 junge Frauen, die bei ihrer Herrschaft und noch ca. 1.500 die eigenständig lebten.1


Dienstmädchen in Bremen um die Jahrhundertwende

Gegen diese Not engagierte sich der von Agnes Neuhaus 1899 in Dortmund gegründete "Katholische Fürsorgeverein für Mädchen, Frauen und Kinder". Agnes Neuhaus betrachtete die Fürsorgearbeit einerseits als eine seelsorgerliche Aufgabe an den gefährdeten Frauen und Mädchen, andererseits war ihr sehr wohl bewusst, dass die Gefährdung der Mädchen nicht aus charakterlichen Eigenschaften herrührte, sondern aus den ungünstigen Lebensumständen, in denen sie aufwuchsen. Mit dieser Ansicht unterschied sie sich von der um die Jahrhundertwende vorherrschenden Auffassung, man müsse zwischen würdigen und unwürdigen Armen unterscheiden. Daraus folgte, dass der Anlass zu Hilfen unabhängig von der Einstellung der Hilfebedürftigen erfolgte.

Es ist zu vermuten, dass sich Josepha Erling und Agnes Neuhaus schon aus früher Jugend kannten, denn Agnes Neuhaus hatte in Haselünne zwei Jahre ein Mädchenpensionat besucht. Als sie 1910 begann, überall in Deutschland auf das Problem der verwahrlosten Jugend und der jungen Mütter aufmerksam zu machen, kam sie am 10. März 1910 auch nach Bremen. Ihr Vortrag beeinflusste Josepha Erling sehr und sie gründete auf Bitten der Vortragenden 1910 mit zwei weiteren Frauen die Bremer Ortsgruppe des "Katholischen Fürsorgevereins für Mädchen, Frauen und Kinder". Dem Verein gehörten bald 15 Frauen an. Allerdings entwickelte sich die eigentliche Vereinsarbeit sehr langsam, so wie auch ihr Wissen, u.a. im Rechtswesen erst allmählich zunahm. "Man tagte im Erlingschen Privathaus. Dort klopften auch die Hilfesuchenden an. Josepha Erling knüpfte mit ihren Mitarbeiterinnen bald Verbindungen zum Jugendgericht und zur Bremer Zentrale für Jugendfürsorge. Und die Frauen gingen in die Familien, die Krankenhäuser und die Gefängnisse, um zu helfen und Hoffnung zu geben. Auch ihre Töchter wirkten aktiv mit und ihre Tochter Helene wurde 1932 Vorsitzende des Vereins.

"Im Jahre 1911 werden bereits 310 Menschen betreut, darunter 182 uneheliche Kinder. 1921 wurde in der Dechanatstraße ein Büro eingerichtet und 1922 in der Düsternstraße mit der Unterstützung des Bischofs von Osnabrück, ein Haus gekauft, das zum ersten katholischen Mädchenheim in Bremen wurde. 1923 wurde das Elisabeth-Haus eingeweiht und von zwei Ordensschwestern des Joseph-Stifts geleitet..."2


St.Theresien in Huchting, Elisabthhaus in der Kohlhökerstraße 22

Josepha Erling gab 1923 ihren Vorsitz in die Hände von Betty Brand, die den Verein bis 1926 leitete. Von 1926 bis 1932 war Annemarie Hinsch Vorsitzende des Vereins.

Zwischen 1923 - 1926 stand im Mittelpunkt der Vereinsaktivitäten die Unterstützung von ledigen Müttern, die oft von ihren Familien verstoßen wurden. 1922 konnte aufgrund der Hilfe des Bischofs von Osnabrück ein kleines Haus in der Düsternstraße gekauft werden, das am 23. November 1923 eingeweiht wurde. 1925 erwarb der Verein ein Haus in Huchting, das als Säuglingsheim mit Mütterstation gebaut wurde und den Namen Theresienheim erhielt. Es erwies sich jedoch als zu klein und 1927 wurde mit Hilfe von Carl Erling, der 30.000 Mark zur Verfügung stellte (die er sich als 1. Hypothek eintragen ließ) und der Unterstützung des Kirchenvorstands die "Danziger Villa" in Vegesack gekauft, die Platz für 90 Säuglinge und 15 Mütter bot. 1928 wurde im Haus auch eine Ausbildungsstätte für Säuglings- und Kinderpflege eingerichtet. Sowohl das Theresienheim als auch das Elisabethhaus wurde bis 1935 von den Missionsschwestern von heiligen Namen Mariens geleitet. Ab 1935 übernahm die katholische Gemeinde zu Bremen die Trägerschaft. 1928 erwarb der Verein mit finanzieller Unterstützung der Familie Sommer in der Kohlhökerstr. 22 ein Haus, in welches das 1923 eingeweihte St. Elisabethhaus umzog. Es wurde dort ein Wohnheim für gefährdete und berufstätige Mädchen sowie für Arbeiterinnen eingerichtet. "1932 betreute man bereits 1175 Frauen. Das Haus stand ab diesem Zeitpunkt unter Leitung von der Tochter Jospha Erlings, Helene Sommer. die den Vereinsvorsitz innehatte. Ab 1930 fanden in dem Haus die jungen Frauen in einer Nähstube Arbeit und es entwickelte sich immer mehr zu einem Heim für berufstätige junge Mädchen.

Josepha Erling starb am 13. November 1948 und wurde auf dem Riensberger Friedhof begraben.
Literatur und Quellen:
1.Schmitter, Romina, Dienstmädchen,Jutearbeiterinnen und Schneiderinnen, Frauenerwerbsarbeit in der Stadt Bremen 1871 - 1914, S. 23 - 44, Staatsarchiv Bremen,Heft 25 , Bremen 1996
2.Wilhelm Tacke, Von "Mutters Verein" zum "Sozialdienst katholischer Frauen" in Bremen, 1910 - 2010, S. 25 Bremen 2010
Blandow, Jürgen: Gleis 1 Südseite Die Geschichte der Bahnhofsmission Bremen,Bremen 1998
Briefe und E-mails von Gretel Kemper, ihrer Enkelin, die von 1951 bis 1962 Vorsitzende des "Sozialdienst katholischer Frauen" war, wie der Verein seit 1968 heisst.
Kirchenbote, 22.9. 1985, Sozialdienst Katholischer Frauen wurde 75 Jahre alt
http://www.weser-kurier.de/Artikel/Bremen/Stadtteile/Mitte/182247/Frauen-stehen-Frauen-in-Not-bei.html
Berentzen, J.B. Chronik einer Familie, Haselünne 1985
Helmig, Antonia/ Fredeweiß-Wenstrup: Mutters Kriestagebuch, Die Aufzeichnungen der Antonia Helmig, Münster 2005
"Jubiläum auch bei den Netter Schwestern" -Sozialdienst katholischer Frauen wurde 75 Jahre alt, in:Kirchenbote 22.4.1985

Bildquellen Familie Erling: Buch Wilhelm Tacke, S.25 u. 83, Häuser;Blandow Jürgen S.58 u. 92

Autorin: Edith Laudowicz