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Gildemeister, Sophia Amalie

16.6.1803 Bremen - 25.3.1890 in Bremen


Sophia Gildemeisters Eltern waren der Syndikus Dr. Johann Friedrich Gildemeister (1750-1812) und Caroline Amalie, geb. Kotzebue (1.10.1759-15.1.1844). Sie hatten am 26.04.1778 in Weimar geheiratet , wohnten aber zunächst in Duisburg, wo Dr. Gildemeister eine Professur hatte. Erst 1782 kam die Familie nach Bremen, als ihr Vater zum Syndicus des Spruchcollegiums Seniorum nach Bremen zurückberufen worden war. Sophia (auch Sophie genannt) hatte acht Geschwister: Johann Carl Friedrich (13.12.1779 in Duisburg- 24.09.1849) Friederike Henriette Amalia (*24.01.1782 in Duisburg -+08.03.1841) Louise Auguste(*06.01.1784 in Duisburg - +07.01.1837), Wilhelm (*04.08.1786 in Bremen +08.03.1790),Carl August(*26.01.1788 in Bremen +18.02.1869) und Elisa Frederica (*25.08.1789 in Bremen +11.03.1833), Wilhelm (*24.04.1791 in Bremen-+ 09.06.1800) Heinrich (25.06.1794 in Bremen + 02.12.1891 Boston) . die Familie lebte in der Langenstraße.1
Obwohl ihr Vater eine angesehene Position hatte, reichte sein Einkommen offenbar für die Lebenshaltungskosten der Großfamilie nicht aus. Ihre Mutter nahm noch zusätzlich zu ihren neun Kindern weitere junge Mädchen auf und unterrichtete sie in ihrer "Pensionsschule". Über den Erziehungsstil ihrer Mutter äußerte sich Sophie anlässlich eines Briefwechsels mit Josephe Stolberg kritisch: "In meiner lieben Mutter herrscht .... das monarchische Prinzip, welches sie in Weimar mit der Muttermilch eingesogen."2
Als ihr Vater starb, zog sie mit ihrer Mutter und ihren Schwestern Elisa und der verwitweten Schwester Friederike nach Weimar. Hier nahm die Mutter ebenfalls Pensionsgäste auf, u.a. Josephe Stolberg, mit der Sophia sich befreundete. 1815 kehrte Sophia nach Bremen zurück, weil dort die schulischen Bedingungen für sie besser waren und lebte bei den Schwestern Anna Gesine Gebetha und Henriette Oelrichs in Pension.3 Ab 1820 spielte sie Klavier, bei wem sie ausgebildet wurde, ist nicht festzustellen. Nach Beendigung der Schulzeit kehrte sie nach Weimar zurück. 1825 reiste sie mit ihrem Bruder Friedrich zunächst nach Berlin und dann nach Weimar, um die Mutter zu besuchen. Nach dem Tod ihrer Großmutter 1828 kehrten sie und ihre Mutter wieder nach Bremen zurück und lebten gemeinsam mit der verwitweten Amalie und Elisa in einer Mietwohnung.
Den Briefwechsel mit Josephe Stolberg führte sie von 1929 bis zu deren Tod 1841. Diese Briefe geben einen Einblick in ihr Leben: Sie berichtete in den Briefen wiederholt von verschiedenen Konzertbesuchen und auch von Stücken, die sie selbst an ihrem Klavier spielt. Sie schreibt auch über die wöchentlichen Familientreffen bei ihnen selbst sowie bei den in Bremen lebenden Geschwistern, des Senators Fritz Gildemeister und seiner Frau Betty sowie im Hause Augustes, die mit Dr. Hieronymus Klugkist, ebenfalls Senator, verheiratet war. Sie charakterisiert auch der Freundin ausführliche die verschiedenen Familienmitglieder und nennt ihre ihr Vorlieben für die einen und ihre Abneigungen gegen andere.

Um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren erteilte Sophie nicht nur ihrer Nichte Christine und ihrem Neffen Carl Klavierunterricht, sondern auch anderen Kindern, dass dies wohl eher aus Notwendigkeit als aus Spaß daran geschah, wird aus ihrer Bemerkung an ihre Freundin, dass ihr manchmal der Unterricht arg lästig werde, deutlich. Sie berichtet auch von einem gemeinsamen Spiel mit Herrn Grabau, Organist und Lehrer, Gründer des Grabau'schen Singvereins von 1811 und Vater von drei Töchtern, die als Sängerinnen sehr berühmt wurden und in den Briefen schwärmt sie wiederholt von Konzerten, die sie in Weimar und Bremen besucht, in denen ihre Begeisterung für Beethoven deutlich wird. Sie selbst trat außer in Privatkonzerten nicht öffentlich auf und es gibt keine Quellen, die solche Ambitionen belegen oder Auftritte belegen.

Wehmütig denkt sie in den Briefen an ihre Jugendjahre in Weimar zurück: "Ich fühle im Grunde, dass mein Herz geteilt ist; und ohne eigentliches Heimweh, welches mich Gott sey dank noch nicht heimgesucht hat verweilt doch meine Phantasie oft stundenlang mit Wehmut bei den verschwundenen schönen Zeiten und führt mir manch liebes Bild von glücklich verlebten Stunden vor die Seele....Diese Erinnerungen sind die eigentliche Poesie meines Lebens und werden es von Jahr zu Jahr mehr sein. Die Veränderung meiner äußeren Verhältnisse hat auch für meine innere Welt einen neuen Abschnitt herbeigeführt. Ich bin nicht kälter geworden, da sey Gott für und lasse mich das nie werden, aber es folgt nun die ruhige besonnene Zeit, und so lächerlich das klingen mag, so ist es doch gewiß: meine eigentliche Jugendjahre habe ich verlebt und nun kommen die goldenen Mitteljahre, ohne Leidenschaft, ohne inneren Streit, ruhig, besonnen und klar. Ich bin sehr glücklich."5 Ob diese Aussage der gerade 25 jährigen wirklich ihren wahren Gemütszustand mag man wohl eher bezweifeln.

1930 reiste sie nach Jena zu Josephe und verlebte dort mehrere Wochen, von dort reiste sie nach Weimar, wo sie sich mit dem Regierungsrat Schmidt, einem leidenschaftlichen Verehrer Beethovens ausführlich über "all das Schöne, dass dieses musikalische Beethovensche Gemüth" austauschen konnte und bedauernd bemerkte, dass es einen solchen Lehrer in Bremen nicht gäbe. Auf der Rückreise blieb sie vierzehn Tage in Kassel. Ab 1831 nahm sie bei Prof. Johann Wilhelm Tappenbeck Geschichtsunterricht. Im selben Jahr unterstützte sie für mehrere Monate ihren Bruder Heinrich auf Gut Schöneiche in der Neumark, da seine Frau und vier der fünf Kinder schwer erkrankt waren. Ihre ursprüngliche Idee, dort zu bleiben verwarf sie jedoch wieder. Nach Bremen zurückgekehrt schrieb sie: "Mein Herz hängt weder an Bremen, noch - leider muß ich es hinzufügen - fesselt mich unsere Häuslichkeit vorzüglich, wenn ich so einen um den anderen Tag dahinlebe, fühle ich nicht so schmerzlich, was ich im Grund vermisse." Das ist vor allem ihr geliebtes Klavier und der Klavierunterricht. Aus den Briefen ihrer Schwägerin Betty wird deutlich, dass sie zu diesem Familienzweig nicht sehr enge Beziehungen hatte. Etwas abschätzig schrieb sie an ihre Freundin: "Hier nebenbei bei Gildemeisters lebt und weht alles, jede Ecke und jedes Winkelchen ist besetzt, Zehn Kinder - Gott behüte einen doch dafür."6 Ihre Freundin Josephe starb 1841 an Kindbettfieber, sie hielt jedoch mit ihrem Ehemann weiterhin Briefkontakt bis in das Jahr 1881. Wie sich ihre letzten Lebensjahre gestaltet haben, darüber ist bislang nichts festzustellen.


Anmerkungen und Quellen:
1.http://www.online-ofb.de, Ortsfamilienbuch Bremen und Vegesack, Abruf 25.10.2014
2.Klatte,Elisabeth: "Du bist in jedem Brief mir neu!", Braut- und Ehebriefe aus der bremischen Familie Gildemeister 115 - 1839, Bremen 2003, S.17

3.Mess, Friedrich, Historische Gesellschaft zu Bremen Heft 14 (Hrsg.): Aus Bremens Biedermeierzeit, Sophie Gildemeisters Briefe an Josephe Stolberg, S.32

4.Mess, Friedrich, ebda. S.67

5.Mess, S. 30

6.Mess, S. 32


Autorin: Edith Laudowicz