Ein typisches Künstlerinnenschicksal? Trotz ihrer nachweislich hohen Begabung als Malerin und einer guten Ausbildung (1916-1919 in Düsseldorf, Zeichlehrerinnenseminar bei Lothar von Kunowski) war Henny Stolz, Tochter einer durch den Krieg verarmten Bremerhavener Kaufmannsfamilie, aus finanziellen Gründen gezwungen, ab 1925 als Aufsichtskraft im Atelier des Malers Carl Jörres (1870-1947) zu arbeiten. Sie blieb bei ihm und heiratete 1927 den deutlich älteren Mann. Am 28.8.1931 wurde ihr einziges Kind Felicia geboren, das später ebenfalls Kunsterzieherin und Malerin wurde.
Nach Aussage der Tochter Felicia¹ stammen ihre letzten großformatigen Ölbilder von ihrer Hochzeitsreise nach Österreich (Bad Aussee). Danach soll sie zwar weiterhin gemalt haben, jedoch eher kleine Blumenstücke. Sie entschied sich für das Leben als Ehefrau und Mutter, "bemühte sich nicht, aus der traditionellen Frauenrolle auszubrechen und sich in der Familie Freiräume für ihre Malerei zu schaffen" (Grapenthien S. 250). Sie hatte kein eigenes Atelier, malte im Wohnzimmer und beschränkte sich deshalb auf Aquarell- und Temperafarben. Sie soll jedoch die Malerei ihres Mannes, die er sehr intensiv betrieb, mit aus ihrem Sachverstand resultierenden Gesprächen begleitet und möglicherweise auch beeinflusst haben. In ihrem Nachlass befinden sich noch viele Arbeiten aus der Akademiezeit. Einige wenige ihrer Bilder wurden gemeinsam mit denen ihres Mannes gezeigt (1989 in Worpswede und 1990 in Bremerhaven).
Als Hinrike Jörres-Stolz nach dem Tod ihres Mannes in der unmittelbaren Nachkriegszeit vergeblich versuchte, eine Arbeitsstelle zu finden, um sich und ihre Tochter zu ernähren, hat diese schwierige Situation in ihr vermutlich eine Depression ausgelöst, die zu ihrem Suizid führte. Man geht heute davon aus, dass ihre Begabung nicht hinter der des Landschaftsmalers Carl Jörres zurückstand.