,

Biografien| Aktuelles

 
 

Hede Lütjen, geb. Fritsch


12.6.1938 Bremen - 29.12.1983 Bremen
 

Hede Fritsch kam aus einer alten sozialdemokratischen Familie. Schon ihr Großvater Burchhard Fritsch war Abgeordnetr der SPD in der Bremischen Nationalversammlung.

Nach dem Besuch des Gymnasiums begann sie eine Lehre als Stenotypistin und arbeitete später als Buchhalterin. Sie heiratete Martin Lütjen und das Paar bekam eine Tochter und zwei Söhne.

1956 wurde sie Mitglied der Gewerkschaft HBV, 1959 Mitglied der SPD. Sie engagierte sich im Ortsverein Habenhausen. 1971 wurde sie in die Bürgerschaft als Abgeordnete der SPD gewählt und blieb es bis 1983. Ab 1971 arbeitete sie in der AsF mit und wurde erstmals 1972 als Beisitzerin in den Vorstand gewählt, der Arbeitsschwerpunkt Verbraucherpolitik, den sie aktiv vertrat, wurde in das Themenspektrum der AsF aufgenommen. Unter ihrem Vorsitz wurde 1975 das Schafferinnenmahl eingeführt, das als Parallele zum traditionellen Schaffermahl, zu dem bis 2015 nur Männer eingeladen wurden, stattfand.

1972 wurde sie zur Vorsitzenden der Deputation für Ernährung und Landwirtschaft gewählt und setzte sich dafür ein, die verschiedenen Verbraucherberatungsstellen unter einem Dach zusammen zu fassen. Sie war Vorstandsmitglied der Verbraucherzentrale und wurde am 9. Juli 1979 Vorstandsvorsitzende. Immer wieder setzte sich Hede Lütjen für flexiblere Ladenschlusszeiten ein, weil sie der Auffassung war, dass sowohl Verbraucher als auch die Läden davon profitieren würden. Sie erntete dafür harsche Kritik von der Gewerkschaft HBV, die ihr Vorwarf, sich unter Nichtachtung eigener Parteibeschlüsse profilieren zu wollen. Die Verbraucherzentrale war im Hause des Frauen- Erwerbs- und Ausbildungsvereins in der Carl-Ronning-Straße tätig. 1979 kündigte die damalige Vorsitzende Erika Schmundt der Verbraucherzentrale, weil sie beabsichtigte, im Haus des FEAV Klassen des geplanten ökumenischen Gymnasiums unterzubringen. Hede Lütjen sprach von "Erpressung" und verwies auf die Notwendigkeit einer zentralen Lage für die Beratungstätigkeit. Die Verbraucherzentrale musste ausziehen, war danach zwei Jahre an verschiedenen Orten untergebracht, bis Hede Lütjen endlich am 28. Juni 1983 die neuen Räume in der Ansgaritorstraße ihrer neuen Bestimmung übergeben konnte.

1976 wurde sie in den Vorstand der bremischen SPD gewählt, 1978 erneut bestätigt. Sie war im Vorstand der überparteilichen Europäischen-Union, die sich für den Zusammenschluss der europäischen Staaten und die Stärkung des europäischen Bewusstsein in der Bevölkerung einsetzte.

Für die SPD war sie ab dem 1.10.1979 stellvertreteendes Mitglied, ab 12.12.1979 ordentliches Mitglied im Rundfunkrat. Als es 1980 zu Auseinandersetzung um eine Stellenbesetzung des damaligen Intendanten Schröder kam, in der die SPD den Rücktritt Schröders forderte, erklärte sie, eine gerichtliche Klärung des Einstellungsverfahrens herbeiführen zu wollen. Gemeinsam mit ihrem SPD-Kollegen Schnurr stellte sie im Rundfunkrat eine Misstrauensantrag gegen den Intendanten, dieser wurde jedoch mehrheitlich abgelehnt. Die Mehrheit der Rundfunkratsmitglieder sahen in dem SPD-Vorgehen eine nicht hinzunehmende parteipolitische Beeinflussung des Aufsichtsgremiums. Sie blieb noch bis 1984 im Rundfunkrat.

1980 wurde sie Mitglied des Haushalts-, Grundstück- und Bürgerschaftsausschusses. Außerdem war sie Vorsitzende des Landeskommission "Soziale Sicherheit der SPD". Als 1980 die Diskussion um den Modellversuch "Pro Familia" in der Bürgerschaft geführt wurde, setzte sie sich gemeinsam mit der FDP-Abgeordneten Gisela Hüller für die Beibehaltung der bisherigen Konzeption - Angebot von Beratung und Möglichkeiten eines Abbruchs - ein: Sie führte aus: "Keiner hat das Recht, den moralischen Zeigefinder zu erheben, wenn sich eine Frau gegen das Austragen des Kindes entscheide". Sie setzte sich für die Verlängerung des Modellversuchs ein. Es war nicht das einzige Mal, dass sie sich vehement für ein selbstbestimmtes Leben für Frauen einsetzte. Anlässlich der 3. Informationsbörse für Frauen im Jahr 1981 kritisierte sie, dass Frauen immer noch als "Randgruppe" gesehen würden und "Dort, wo Frauen Machtpositionen erlangt haben, sind sie Ausnahmen - sind Exoten - und oft genug passen sie sich all zu schnell männlichen Verhaltensmustern an." Sie fragte, warum Mädchen seltener einen Ausbildungsplatz erhielten, Frauen stärker von Arbeitslosigkeit betroffen seien und immer noch eine industrielle Reservearmee seien und allzu oft nur Alibifunktionen erfüllten. In eine schwierige Situation geriet sie 1982, als die AsF das neue Kindergarten- und Hortgesetzt kritisierte und die Befürchtung zum Ausdruck brachte, es könne vor allem die Besserverdienenden Eltern bevorteilen, erklärte sie, dass sie angesichts der Haushaltslage entgegen der AsF Forderung diesem Gesetz doch zustimmen müsse.

Nach der Wahl 1980 war es innerhalb der SPD zu Kritik an der Besetzung der Senatsposten gekommen. Bemängelt wurde, dass alle Posten mit Männern besetzt worden seien. 1982 forderte die AsF, bei der nächsten Senatsbildung mindestens eine Senatorin vorzuschlagen. Dies geschah dann 1983. Hede Lütjen wurde als einzige Frau für den neuen Senat als Umweltsenatorin vorgeschlagen. Ihre Kandidatur löste in der SPD Diskussionen über ihre Qualifikation aus. Vor der Wahl jedoch informierten Familienmitglieder über ihre Krankheit und es war unklar, ob sie tatsächlich kandidieren könne und deshalb wurde Eva Maria Lemke benannt. Hede Lütjens Kandidatur wurde jedoch von Koschnick bestätigt. In der Diskussion der SPD um die Aufteilung der Ressorts kam es dann sogar zu dem Vorschlag, man müsse für die Frau ein kleines Ressort schaffen.

Im Abstimmungsergebnis bei der Wahl Hede Lütjens (103 Ja Stimmen, 50 Nein-Stimmen und 25 Enthaltungen)wurde deutlich, dass offenbar nicht alle von ihren Fähigkeiten überzeugt waren. Auch die GRÜNEN lehnten sie als Umweltsenatorin ab. Sie konnte aufgrund einer Krebserkrankung dieses Amt jedoch nicht antreten. Sie starb am 29. Dezember im Alter von 45 Jahren. Die Würdigung der Verstorbenen durch die SPD war mehr als karg: In der Todesanzeige der Partei nannte man nur ihre Aufrichtigkeit und ihren Einsatz für die SPD-Ziele, die AsF hingegen würdigte auch ihre Warmherzigkeit und ihren unermüdlichen Einsatz für die Gleichberechtigung der Frauen.

In Arsten wurde nach ihr eine Straße benannt

Literatur und Quellen:

Bremer Nachrichten 31.12.1983-1.1.1984-5.1.1984;
Weser Kurier::
19.1.72-14.7.72-14.11.79-22.2.1980-28.2.1980-29.2.1980,13.3.1980-15.10.1980-29.-30.11.-1980- 4.2.81-23.3.82-13.4.83-31.12.1983-1.1.1984-BBZ 16./17.2.74,

Autorin: Edith Laudowicz
Bildquelle: Bremische Bürgerschaft