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Roselius, Hildegard, Pseudonym Bettina Amberg, Thomas Amberg

15.1.1901 Bremen -. 12.5.1963 Friedrichshafen

Hildegard Roselius war die Tochter des Bremer Kaufmanns Ludwig Roselius (1874-1943) und seiner Frau Amalie Mathilde Sophie Anna Grothe (1874-1926), die er 1899 geheiratet hatte. 1903 wurde ihre Schwester Irmgard geboren, 1929 ihr Bruder Ludwig. Sie besuchte zunächst die Höhere Mädchenschule und machte am Alten Gymnasium ihre Reifeprüfung. Sie begann ein Studium der Medizin in Münster, brach dieses jedoch ab. Sie arbeitete kurzzeitig in New York journalistisch. Hier lernte sie auch die Fotografin Margreth Bourke-White kennen, die sie als "energische, freimütige Persönlichkeit" bezeichnete. Sie widmete sich aber rückgekehrt fortan ganz der Unterstützung ihres Vaters. Mit ihm unternahm sie viele Reisen und er baute seine umfangreiche Kunstsammlung auf u.a. mit vielen Bilder von Paula Becker-Modersohn. Inwieweit sie ihn dabei unterstützte, ist nicht bekannt, aber ihr Kunstverständnis wurde dabei sicherlich ausgebildet.

Sowohl ihr Vater als auch sie selbst standen der völkisch-nationalen Ideologie sehr nahe. Ludwig Roselius näherte sich über "die Vorstellungen vom nordischen Menschen und Wesen dem Nationalsozialismus. Er organisierte 1933/34 Kongresse unter Beteiligung deutscher und ausländischer Vorgeschichtsforscher und Nordisten zu Themen wie der Urbevölkerung Nordwestdeutschlands, der Germanischen Völkerwanderung und der Einwohner Germaniens. In Veröffentlichungen begrüßte er die "Machtergreifung".
Hildegard Roselius ließ eine Reihe der von ihrem Vater erworbenen und im Archiv der Böttcherstraße gelagerten Schriften des Archäologen Rudolf Kossina -Erfinder der "Siedlungsarchälogie" und Verfasser der "Vorgeschichte und Ausbreitung der Germanen" - die Eingang in die Ideologie des Nazis fand, restaurieren.
Ihr Vater war zunächst von Hitler so beeindruckt, dass er. "die von ihm finanzierte Böttcherstraße (1922-1931) von Bernhard Hoetger ... Adolf Hitler widmen will - aber Hitler lehnt ab. Nationalsozialisten sprechen 1936 abschätzig von ‚Böttcherstraßenkunst'. 1937 wird sie abgekanzelt- aber auf eine einzigartige Weise unter Denkmalschutz gestellt: als abschreckendes ‚Beispiel für Verfallskunst." Eine wesentliche Rolle in der Abwehr der Angriffe auf die Böttcherstraße spielte auch Barbara Götte, die Schwägerin seiner Tochter Irmgard. Sie nahm von 1935 bis zu seinem Tod als seine Privatsekretärin und eingstellte Beraterin eine wichtige Funktion ein. Über die Beziehung der beiden Frauen ist zueinander ist nichts bekannt.
Hildegards enge Beziehung zu ihrem Vater mag wohl dazu geführt haben, dass auch sie kein distanziertes Verhältnis zum Faschismus hatte. So ließ sie die im Archiv der Böttcherstraße gelagerten Schriften des Archäologen Gustaf Kossina, der Begründer der so genannten Siedlungsarchäologischen Methode, restaurieren. Kossinna gilt als ein Wegbereiter der nationalsozialistischen Ideologie.
Literarisch in Erscheinung trat sie unter dem Pseudonym Bettina Amberg 1940 erstmals am Bremer Theater in Erscheinung, wo ihr Weihnachtsmärchen "Das Eselein und das Königskind" im Schauspielhaus aufgeführt wurde.3 Unter dem gleichen Pseudonym veröffentlichte sie 1942 das Buch "Ewiges Karlsbad". Hildegard Roselius tat sich schwer, bei Kriegsende die Gräuel des Faschismus wahrzunehmen. Als Margaret Bourke-White, die nach Kriegsende als erste aufrüttelnde Fotos von den befreiten KZ's machte, sie 1945 in Bremen besuchte, war sie entsetzt von ihrer Äußerung:"Wir werden doch völlig überschwemmt von Leuten, die im Konzentrationslager waren - wenn alles wirklich so schlimm war , dann frage ich mich, wo die jetzt alle herkamen."4
Nach dem Krieg war sie Kuratorin des Ludwig-Roselius-Preises, dem Kunstpreis der Böttcherstraße, der ab 1954 wieder verliehen wurde.
1955 stellte sie erstmals eigene Erzählungen in einer öffentlichen Lesung vor. Zum 80.Geburtstag ihres Vaters veröffentlichte sie sein Lebensbild, in dem das kulturelle Werk gewürdigt wurde.. "Dies Gefühl der Verpflichtung gegenüber einem großen Werk, das es aus den Trümmern zu erheben und zu vollenden galt, durchzieht das ganze Werk", heißt es in der Rezension im Weser-Kurier - ein Gefühl, das wohl entscheidend für ihr gesamtes Leben galt.
Nach einer schweren Krankheit starb sie 1962 in Friedrichshafen. Ihr Bruder Ludwig veröffentlichte 1966 eine Auswahl aus ihrem Nachlass. Darin sind Kindheitserinnerungen, Gedichte, Reisebeschreibungen, Briefe und Tagebuchnotizen und die beiden von ihr verfassten Weihnachtsmärchen enthalten. Aus ihren Aufzeichnungen wird deutlich, dass sie sich über einen längeren Zeitraum mit der modernen Malerei auseinander setzte und auch selbst malte und zeichnete. Einige Drucke von Aquarellen und Zeichnungen sind in dem genannten Band enthalten. Nicht bekannt ist, ob und wann Bilder von ihr je ausgestellt wurden.

Hildegard Roselius wurde auf dem Waller Friedhof begraben.

Literatur und Quellen:
Ludwig Roselius und sein kulturelles Werk, Braunschweig 1954;
Erdachte Welt - Erlebte Welt, Braunschweig 1966
(Hrsg.): Deutsche Kunst, Band 10, Meisterwerke der Baukunst, Malerei, Bildhauerkunst, Graphik und des Kunsthandwerks. Bremen.o.J.

Anmerkungen:
1.Schwarzwälder, Herbert, "Roselius, Gerhard Ludwig Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 47-48 [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/ppn118749714.html
Zugriff 6.6.2025
2.Deutscher Werkbund, Übertritte zur NSDAP 1932/33: http://www.deutscherwerkbund-nw.de/index.php?id=388, Zugriff 6.6.2015
3.Bremen zwischen 1933- 1945, S. 203
4.Tagebuch Margret Bourke-White
Autorin: Edith Laudowicz