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Die Entstehung des Paula Becker-Modersohn Museum

Nachdem Ludwig Roselius das Haus Nr. 6 in der Böttcherstraße gekauft und saniert hatte, wurden durch die Firma Kaffee-Patent AG 1919 durch den von Roselius beauftragten Makler Knake sechs weitere Grundstücke zum Preis von 368.000 Mark gekauft. Keineswegs gab es zu diesem Zeitpunkt seitens Roselius klare Vorstellungen über die Nutzung der einzelnen Häuser. Im Haus Nr. 9 hinter dem Schütting - erbaut 1800 - existierte seit vielen Jahren eine Gaststätte, die von der ehemaligen Besitzerin Johanne F. Henjes - nun Mieterin in ihrem Haus - weitergeführt wurde. Über der Gaststätte befanden sich ein Saal und zwei Zimmer. "Der Künstlerbund Bremen war die treibende Kraft. Sein Wunsch, einen Bildersaal zu bekommen, ist es gewesen, der mich bestimmt hat den Umbau der Häuser hinter dem Schütting in Angriff zu nahmen.... bestehen bleiben sollte der Saal der Kunstschau und die Künstlerkneipe."1 Am 7. Oktober 1920 wurde die Firma "Bremer Kunstschau Gesellschaft mit beschränkter Haftung" gegründet, Ernestine Therese Wurthmann, Prokuristin der Kaffee-Patent AG wurde Geschäftsführerin. Der "Stammtisch Niedersachsen", der sich im Haus Nr.6 getroffen hatte, schloss nun mit der Kunstschau GmbH eine Vertrag ab, der ihm gestattete die Räume, die mit Möbeln, Bildern, Büchern u.a. kunsthandwerklichen Gegenständen ausgestattet waren, mietfrei zu nutzen. Die Wirtin Henjes konnte die Gasträume mit erneuerter Schankerlaubnis weiter nutzen.
Die erste Ausstellung vom 5. - 14.11.1920 zeigte Werke von Käthe Bruns-Wüstefeld, Theodor Hermann, Ernst Müller-Scheeßel, Edmund Schäfer, Frido Witte und A.W. Wurthmann, 1922 wurden Fischerhuder Künstler präsentiert und die Ausstellung 30 Jahre Worpswede gezeigt. Es wurden aber auch Ausstellungen mit kunsthandwerklichen Gegenständen präsentiert. Ein Brand im Haus Nr.7 veranlasste Roselius zur Überlegung, aus den Häusern 7, 8 und 9 ein einheitliches Gebäude zu erbauen und er beauftragte Bernhard Hoetger. Das neue Gebäude wurde zum großen Teil auf den alten Grundmauern errichtet, es schloss den Saal ein, die Gaststätte wurde hinter den Schütting 10 verlegt. Mit dem Neubau verfolgte Roselius das Konzept, niederdeutsche und bremische Traditionen zu beleben, die Böttcherstraße sollte auch dem Ausland den kulturellen Neubeginn in Deutschland nach dem 1. Weltkrieg signalisieren. So ist Roselius 'Ausspruch "Die Böttcherstraße ist ein Versuch deutsch zu denken" zu interpretieren: Eine Verbindung von traditioneller Kunst und Kunsthandwerk mit der schöpferischen Moderne. Bewusst konzipiert auch als Touristenattraktion, als neues Idealbild der 'Stadt in der Stadt'. In einem Brief Roselius an Hoetger äußert er seine Idee, ein großes Gebäude zu errichten, in dem er seine Sammlung der Bilder Paula Becker-Modersohns zeigen wolle. Die Arbeiten begannen 1926 und am 2. Juni 1927 wurde die neu gestaltete Böttcherstraße eröffnet- allerdings hingen Paulas Bilder zur Eröffnung noch nicht.
". Bei der Eröffnung des Museums 1927 sagte ihr Bruder: "Ihren Standpunkt, daß sie als Paula Becker geboren war und durch dies Gesetz bedingt bleiben wollte ihr ganzes Leben hindurch, rechtfertigte sie mit den Initialen P.B.M.". Dass die meisten ihrer Bilder die Signatur "P.M.B." aufweisen, geht darauf zurück, dass sie selber selten signierte und ihr Ehemann Otto Modersohn dies Kürzel nachträglich einfügte. In diesem Zusammenhang ist ihre Signatur unter dem Selbstbildnis aufschlussreich, das sie 1906 in Paris fertigstellte: "Dies malte ich mit 30 Jahren an meinem 6. Hochzeitstage P. B.". Das "M.", das im Zwischenraum gestanden haben muss, ist eindeutig mit einem von oben nach unten gezogenen Pinselstrich in der gelblichen Farbe des Hintergrundes beseitigt worden. Dass Otto Modersohn das M. nach ihrem Tode 1907 nicht erneuert hat, könnte darauf zurückgehen, dass das Selbstbildnis nicht verkauft, sondern der Mutter der Malerin überlassen wurde. An das Haus ließ Roselius folgenden Text anbringen:


"Dieses ist das Paula-Becker-Modersohn Haus Aus alter Häuser Fall und Umbau
Errichtet von Bernhard Hoetgers Hand,
Zum Zeichen edler Fraue zeugemd Werk,
Das siegend steht, wenn tapferer Männer
Heldenthum verwaht."2
2002 der Steg über den See bei der Kunsthalle nach ihr benannt, der als nicht öffentlicher Weg leider nicht im Stadtplan aufgeführt ist. Die Büste Paula Modersohn-Beckers, von Clara Rilke-Westhoff geschaffen, steht etwa zehn Meter weiter in den Wallanlagen.
1988 erwarb die Stadtgemeinde Bremen gemeinsam mit der Bundesrepublik Deutschland (BRD) den Kernbestand der Sammlung Roselius, ergänzt wurde die Sammlung durch Leihgaben der Paula Modersohn-Becker-Stiftung.
Die Stiftung wurde 1978 von Tille Modersohn, der Tochter der Malerin, ins Leben gerufen und verwaltet ihren künstlerischen Nachlass. Dieser umfasst unter anderem etwa 50 Gemälde und 500 Zeichnungen und Skizzen von Paula Modersohn-Becker. Die Werke werden im Paula Modersohn-Becker Museum und in der Kunsthalle Bremen verwahrt und gezeigt. Gemeinsam besitzen das Museum, die Kunsthalle und die Stiftung mit über 100 Gemälden und 700 Handzeichnungen einen Großteil des Gesamtbestands des Werkes Künstlerin.
Quelle; Tallasch, Hans: eine kleine Vorgeschichte zur Entstehung des Paula Becker-Modersohn-Hauses oder wie die Kunst in die Böttcherstraße kam, in: Projekt Böttcherstraße, Delmenhorst 2002


Autorin:Edith Laudowicz
Autorin: Edith Laudowicz