, Käthe Popall, geb. Fürst. gesch. Lübeck
15.2.1907 - Bremen - 23.5.1984 Bremen
Kindheit-Jugend-Ausbildung
Haus der Familie in der Osterfeuerbergstr.31
"Mein Vater war Österreicher. Er kam nach der Gesellenprüfung als Tippelbruder nach Deutschland. Für uns Kinder (sie hatte fünf Geschwister) hatte er allerdings wenig Zeit.
Damals war die Arbeitszeit noch ziemlich lang. Aber meine Tante, Schwester meiner Mutter und SPD-Funktionärin, befasste sich viel mit uns Kindern. Besonders mich, als Jüngste in unserer Familie, nahm sie oft mit zu Veranstaltungen. Dadurch bekam ich die ersten Denkananstöße.
Entscheidend für meinen Weg in die Politik war jedoch der Eintritt in den Kinderchor des Arbeitergesangvereins. Ich war damals neun Jahre alt. Hermann Böse, der bedeutende Pädagoge, war unser Dirigent. Er nahm uns mit zu den großen Kundgebungen der Arbeiterbewegung und sprach mit uns darüber. Auch die Naturfreunde kamen zum Gesangverein und machten mit uns Kindern große Ausflüge in die Ferien. Da war zum Beispiel Heini Buchholz, den wir sehr verehrten, der viel mit uns uns sprach und uns das,
was wir schon verstehen konnten, verständlich machte.1
Nach der Schulentlassung kam ich zum Konsum als Lehrling. Damals war es bei der Einstellung Pflicht, sich politisch und gewerkschaftlich zu organisieren. Und da meine Eltern in der SPD waren, trat ich in die Sozialistische Arbeiterjugend (SAJ) ein und schloß mich dem Zentralverbund der Angestellten (ZdA) an. Im Konsum hatte ich später Karl Klawitter als Kollegen, der viel mit mir diskutierte, mir aus seiner großen Bibliothek Broschüren schenkte und mich über manches aufklärte. Auch Didi Helmers war damals im Konsum. Er hatte großes Verständnis für uns Jugendliche. Wir nannten ihn Onkel Didi, "und wenn wir irgendwelchen Kummer hatten, gingen wir immer zu ihm. Er leitete das Arbeiterbildungswerk. Und durch ihn kamen wir schon in ganz jungen Jahren zu Theaterbesuchen und auch zum Arbeiterstenografenbund. Eine Kollegin war Dannat, die Frau von Adolf Dannat und Mutter von Helene Warnke. Als ich einmal laut auf die Juden schimpfte, nahm sie mich beiseite und fragte: "Kennst Du den Unterschied zwischen dem Klassenkampf und
dem Rassenkampf?" "Nein", sagte ich; und sie hat mir das dann sehr gut erklärt.1
Erstes politisches Engagement
Weil ich schon immer gern wanderte, kam ich zur ZdA-Jugendgruppe, wurde Funktionärin, Delegierte im Jugendkartell und Jugendvertreterin im Vorstand des ZdA.
Dort wurde vor allem gewandert, getanzt und geturnt. Einmal machten wir aber auch einen Schulungskurs im "Bunten Haus" in Senne bei Bielefeld. Ich habe dort das Wort ergriffen und mich über die mangelnde Berufsausbildung im Konsum beschwert.
Wir hatten nämlich nur eine zweijährige Lehrzeit im Büro statt der üblichen drei Jahre; und wir mußten das ganze erste Jahr noch Botenwege in die Stadt machen. Außerdem gingen wir nicht wie alle anderen kaufmännischen Lehrlinge in die Berufsschule.
Wir sollten diese Ausbildung im Konsum haben, aber davon konnte nicht die Rede sein. Ich sah damals schon manche Dinge viel kritischer, so auch das Problem der Doppelverdiener.
Mit Doppelverdiener meinte man immer die verheirateten Frauen, deren Männer ebenfalls im Arbeitsprozeß standen. Wir sprachen auch über das Recht der Frauen auf Arbeit, über gleichen Lohn für gleiche Arbeit -
alles gewerkschaftliche Forderungen,die weder in der Gewerkschaft noch im Konsum verwirklicht wurden. Meine kritische Position führte schließlich dazu, daß man mir 1925 einen Posten in Berlin im ZdA anbot.Ich lehnte aber ab.2
1.Mai Demonstration vor der Verkaufsshalle am Haferkamp 1926
"Das war auch die Zeit, als hauptamtliche Gewerkschaftsfunktionäre, zu denen ich immer aufgeblickt hatte, mich sehr enttäuschten. Dazu-gehörte Emil Theil, mit dem ich später wieder zusammenarbeitete. Und im ZdA hatten wir einen-Sekretär, der wegen Unterschlagung entlassen werden mußte. In diesen Zusammenhang gehöre auch der große Krach mit dem Jugendkartell. Der Leiter des Jugendkartells, den wir Opa Schulz nannten, war zugleich im Aufsichtsrat vom Konsumm. Eines Tages gab ich meiner Kollegin, die in der Stadt Botenwege machte, eine Beitrittserklärung für den ZdA mit. Ich wurde einige Male als beste Werberin vom ZdA ausgezeichnet. Als diesenKollegin nun im Gewerkschaftshaus (in das sie ohnehin fast täglich ging, um für den Konsum zu erledigen) unseren Opa Schulz traf, machte er großes Theater und meinte, sie dürfe niemals während der Geschäftszeit Privatdinge erledigen. Er müsse das dem Konsumvorstand melden, , was er auch tat, und unsere Kollegin mußte sich
sich dort dafür verantworten. Statt uns zu loben, daß wir wieder ein neues Mitglied der Gewerkschaft geworben hatten, machte er solch einen Zirkus. "Das schenken wir ihm nicht",
war die Meinung der der ZdA-Jugend.
"Kurz danach hatten wir eine Jugendkartellsitzung. Im Jugendkartell waren Delegierte vom Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund und vom Allgemeinen freien Angestelltenbund (AfA), zu dem ja der ZdA gehörte. Hans Gerhard war unser Jugendsprecher dort und mit mir zusammen von der ZdA-Jugend als Delegierte beauftragt.
Er meldete sich nun zu Wort und fragte:'Ist es wohl in einem Privatbetrieb verboten, wenn ein Lehrling für den Meister Zigarrenholt und dann für den dann für den Gesellen einen Priem mitbringt?' Am Vorstandstisch wußte man gleich, was gemeint war, und ging auf uns los, wollte uns aus dem Saal rausdrängen, zog dabei aber den Kürzeren. Es entstand eine zünftige Rangelei, wobei immer wieder gerufen wurde: "Ihr Arbeiterverräter-- Schließlich mußte die Sitzung geschlossen werden."
Sie und fünfzehn weitere Jugendliche wurden aus der Gewerkschaft ausgeschlossen. "Das war für mich ein ganz schwerer Schlag, den wir hatten zu Hause kein Familienleben wie in anderen Arbeiterfamilien. Und so war die Gewerkschaft mein Zuhause geworden. Wir trafen uns dort fast täglich… Ich war inzwischen 18 Jahre alt geworden und automatisch von der SAJ zur SPD gekommen. So gingen wir zunächst zu SAJ Gruppen und versuchten, das zu finden, was wir suchten.. Wir gingen auch Zum Internationalen Sozialistischen Kampfbunf (ISK), aber die waren uns zu pedantisch."
Sie wurde auch vom Kommunistischen Jugendverband (KFVD) angesprochen, lehnte dies aber aufgrund eines Vorfalls anlässlich einer Demonstration, wo sie von den Sammlerinnen des Roten Frauen und Mädchenbundes mit einer Sammelbüchse an den Kopf geschlagen worden seien, weil sie nicht gespendet hätten: " Ich sagte mir, eine Partei und ein Jugendverband, der sich in der Öffentlichkeit so benimmt, ist keine Organisation für mich."
Sie entschloss sich dann doch, beizutreten. Weil sie einer kommunistischen Organisation beigtreten war, wurde sie entlassen.
Eheschließung und Arbeitslosigkeit
Das war die Zeit der großen Arbeitslosigkeit, ich war froh, gelegentlich Aushilfsarbeit zu bekommen. Ich arbeitete in einer Tabakfabrik bei Vogelsang, in der Wäscherei Hayungs usw. Ich Ich hatte inzwischen auch geheiratet. Mein Mann (Hans Lübeck) war Buchhändler,er wurde gleich nach Beendigung der Probezeit entlassen.
Er wurde gleich nach Beendigung der Lehrzeit entlassen und bekam vorübergehend Arbeit als Bauhilfsarbeiter. 1930 schickte man ihn von KPD aus auf einen Lehrgang nach Moskau. Das war illegal. Er blieb bei mir gemeldet und wenn ich arbeitslos war, bekam ich keibne Unterstützug, weil
ich nicht nachweisen konnte, wo mein Mann war. Es war ein schweres Jahr für mich, denn von meinen Eltern hatte ich keine Unterstützung,sie waren mit meiner politischen Entwicklung auch mit meiner Heirat nicht einverstanden gewesen, und für die meisten meiner Verwandten war ich das schwarze Schaf in der Familie." In Fichtenau absolvierte sie eine Schulung für Gewerkschaft bei der KPD.
Zürückgekehrt suchte sie sich Arbeit.
Wir Frauen gingen morgens um sechs Uhr los.Und wo ein Schornstein qualmte, da fragten wir nach Arbeit. Zuletzt landete ich dann auf der Jute freudig begrüßt von Jugendgenossen, die schon seit ihrer Schulentlassung dort arbeiten und weil ihre Eltern auch Jutearbeiter waren und sie nichts lernen lassen konnten. Damals war Kurzarbeit auf der Jute. Aber wir machten noch so viel Stunden, daß für uns eine Kurzarbeiter-Unterstützung nicht in Frage kam. Ich hatte 14,75 Mark Wochenlohn und mußte davon bei meinen Eltern 25 Mark Miete im Monat zahlen.
Ich habe mich auf der Jute verhältnismäßig lange halten können, denn für arbeitslose Frauen hatte dieser Betrieb keinen großen Reiz. Es waren dort viele Ausländer beschäftigt. Und weil viele von ihnen Sprachschwierigkeiten hatten, gab es Leute, die rümpften die Nase, wenn sie von Jutearbeit hörten. Hinzu kam, daß man am Feierabend den typischen Jutegeruch in der Kleidung hatte. Ich erlebte oft, wenn ich gleich von der Arbeit zum Buntentor ins Parteihaus fuhr, dass Leute in der Straßenbahn von mir abrückten.
Die politische Arbeit dort erforderte Einfühlungsvermögen. Wir hatten eine starke Betriebsgruppe der Revolutionären Gewerkschaft Opposition (RGO). Da wir im Betrieb keine Versammlungen machen durften, hielten wir mit großem Erfolg außerhalb des Betriebes ab.Wir zogen sie auch vollkommen anders als üblich,
z.B. mit Musik, Tanz und Schattenspiel mit politischem Inhalt. Im Mittelpunkt stand das Referat mit Diskussion. Es gab soziales Elend wie wir es bis dahin gar nicht gekannt hatten. Man konnte viel mit Rat und Tat helfen.
Als ich später-gemaßregelt wurde, weil ich als Kandidatin auf RGO-Liste zum Betriebsrat stand, sammelten meine Kolleginnen für mich Lebensmittel und brachten mir von ihrem geringen Verdienst auch Heizmaterial.
Das war 1930, also noch vor dem großen Streik auf der Jute. Voraus gingen ja einige kleinere Arbeitsniederlegungen, die aber bald beendet waren, weil es nicht gelang,
die beiden entscheidenden Abteilungen stillzulegen.Einmal kam eine österreichische Arbeiterin mit ihrer Tochter zur Jute und wurde auch eingestellt. Die beiden waren gewerkschaftlich
und politisch sehr geschult und begannen gleich mit einer Aufklärungskampagne innerhalb der Belegschaft. Aber es dauerte nicht lange, dann mußten sie das Land verlassen und die alte Heimat zurück."2
Widerstand und Haft
Ab 1931 war sie in Düsseldorf und später in Halle und erlebte einen Streik in Torgau bei Villeroy und Boch und ging dann Nach Moskau.
"Ich habe viel gelernt von der Geschichte dieses Landes vielleicht wäre ich, wenn ich länger geblieben wäre, auch in Konflikt gekommen,
denn für die deutschen Emigranten sind ja später schlimme Zeiten ausgebrochen."3
Als sie zurückkehrte war die KPD verboten. Sie war für die illegale Arbeit zunächst in Frankfurt, dann in Berlin eingesetzt. Am 27.3.1935 wurde sie während einer Leitungssitzung verhaftet und zunächst 14 Tage in die Gestapozentrale und dann in
das Untersuchungsgefängnis Berlin Moabit in verschärfte Einzelhaft:4
Das bedeutete Schreib-, Besuchs- Arbeits-, Kirchgangs- und Leseverbot und das Verbot über eigenes Geld zu verfügen."Es bedeutete Hunger ab
dem ersten Tag der Haft. Er begleitete mich mehr als 10 Jahre. Während sie in Haft war, ließ sich ihr Mann von ihr scheiden. In Lübeck lernte sie auch
Vier Jahre verbrachte sie in Einzelhaft. Im Juni 1937 wurde sie vor dem Volksgericht zu zwölf Jahren Zuchthaus
verurteilt und nach Lübeck gebracht."Ich hatte zunächst wieder Einzelhaft...Und in Lübeck bekam ich in der ersten Zeit keine
Arbeit. Man kann sich mit niemandem unterhalten. Das Essen wird gebracht und schon ist die Zelle wieder geschlossen." In Lübeck traf sie auch Anna Stiegler, mit der sie Freundschaft
schloss, Hermine Berthold, Dora Lange. Hier erfuhr sie, dass ihr Vater gestorben war. 1940 wurde sie nach Jauer verlegt wo sie wiederum in Einzelhaft gehalten wurde. ,und dort war es dann die Hölle - Das Zuchthaus Jauer war ein altes Schloss
mit engen Gängen.Man konnte überhaupt nicht heraussehen... Ich traf dort alle Gefangene wieder, die ich schon von Lübeck kannte.1942 kam sie nach Schlesien auf ein Außenkommando, wo sie
in einem Betrieb arbeitete, der Schuhfutter und Schuhoberstoffe herstellte."4Hier konnte sie zum erstenmal ihre Schwester sie besuchen, wurde aber deshalb
von einer Mitgefagenen verleumdet, die behauptete, es sei eine Parteigenossin gewesen. Zur Strafe wurde sie nach schweidnitz gebracht, wo
sie in der Produktion für Feldtelephone eingesetzt wurde.
die Front rückt näher
Als die sowjetische Front immer näher rückte, begann für uns ein Evakuierungsmarsch vom Osten nach dem Westen. Es war im Februar 1945. Oh-
Ohne Mantel, auf Holzpantoffeln über vereiste Straßen war es eine Qual für uns, denn wir Langjährigen hatten das Laufen verlernt. Rechts und links
der Wege lagen Leichen von Gefangenen, die ihr Leben einbüßten, weil sie nicht schnell genug laufen konnten. Man schoß jeden zusammen, der
zurückblieb. Die Bewacher waren übernervös. Wir mußten noch "l0 Wagen mit ihrem Hausrat mitziehen und konnten uns selbst doch kaum auf den
Beinen halten. Nach sechs Wochen — im März 1945—waren wir am Ziel — dem Zuchthaus Waldheim. Einige kamen unterwegs ums Leben, fünf
konnten flüchten. Wir wurden alle kahlrasiert, man sammelte gerade Frauenhaare zum Verspinnen.
Dann ging es noch ins OT-Lager141, der Organisation Todt nach Coswig bei Dresden. Zusammen mit polnischen und sowjetischen Kriegsgefan-
genen wurden wir nun bei schweren Bauarbeiten eingesetzt. Die sowjetischen Gefangenen besorgten uns Handschuhe und schmuggelten aus
dem Pferdestall Zuckerrübenschnitzel an unseren Arbeitsplatz. Sie retteten uns das Leben.4
Im Mai 1945 ging es nochmal zurück in das Zuchthaus Waldheim. Dort wurden gerade die Vorbereitungen zum Erschießen aller politischen Ge-
fangenen getroffen. Der Direktor vereitelte jedoch diese Mordabsicht. Endlich kam für uns die Befreiung durch die Rote Armee!
Auf Umwegen kam ich endlich im Juni 1945 in meine Heimatstadt Bremen.
wieder in Bremen
Ich wollte sehen, ob meine Mutter noch am Leben war. Ich hoffte, sie hätte durch den Tod meines Vaters und den Bombentod meiner Mutter dazugelent. aber sie
war so egoistish geblieben, wie sie es war, als wir noch alle zu Hause wohnten. Die Schwester - 15 Jahre älter - hat mir in den
ersten Tagen Halt gegeben,fünf Geschwister waren umgekommen und ich musste selbst erst den Weg ins Leben zurückfinden."5
Ich meldete mich sofort im Parteibüro der KPD. Vom „Ausschuß für ehemalige politische Gefangene" wurden mit der "Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus" Versammlungen einberufen,die die Bevölkerung über den Faschismus auf klären sollten.
Nachdem die Besatzungsmacht die politischen Parteien wieder zugelassen hatte, Bereits ab dem 23. Juli 1945 war Käthe Popall durch die Militärregierung zur ersten Senatorin in der bremischen Geschichte ernannt worden. Sie gehörte dem Senat Vagts als Gesundheitssenatorin an. Nach dem Rücktritt von Erich Vagts war sie ab dem 1. August im Senat Kaisen I. Am 28. November 1946 wurde sie in den Senat Kaisen II gewählt. Auch unter Wilhelm Kaisen war sie Gesundheitssenatorin und später auch für das Wohlfahrtswesen zuständig.
Der Senat Kaisen II am 6. Januar 1946. Von links sitzend: Wilhelm Kaisen, Theodor Spitta, Käthe Popall. Von links stehend: Hermann Mester, Hermann Apelt, Christian Paulmann, Willy Ewert, Adolf Ehlers, Wilhelm Nolting-Hauff, Alexander Lifschütz, Emil Theil
1946 wurde ein ereignisreiches Jahr für sie: Sie heiratete Reinhold Popall, der ebenfalls in der Nazizeit inhaftiert gewesen war. Als erste Frau kam die nach Kriegsende in der Bürgerschaft zu Wort. Sie sprach am 18.7.1946 zum Thema zur Jugendamnestie.
und bei der ersten freien Wahl im 13. Oktober 1946 wurde sie in die Bremer Bürgerschaft gewählt, wo sie als Mitglied der KPD-Fraktion Vizepräsidentin wurde.
"Vorher hatte mein alter Freund Heini Gotthard mir das Jugendamt angeboten,ich musste es ablehnen,die Partei war dagegen.5 Erst nach den Wahlen im Oktober 1946 war sie gewählte Volksvertreterin für die KPD.
Es soll Christian Paulmann (SPD)gewesen sein, der sie für das Amt des "Senators für das Gesundheitswesen" vorschlug.
Im Bremer Frauenausschuss engagierte sie sich für die Belange von Frauen, bis 1951 war sie im geschäftsführenden Vorstand. Außerdem gründeten sie die Frauengilde der Konsumgenossenschaft, ein Anliegen
,das wohl auch auf ihre Erfahrungen während ihrer Ausbildungszeit zurückging.
Es kam zu Auseinandersetzungen mit dem Präsidenten es Gesundheitsamtes Dr.Stade aufgrund ihres Eintretens für eine Reform des § 218 die medizinische Indikation, wogegen sich sowohl
die Ärzteschaft als auch Militärregierung wandte und es ablehnte, mit ihr als Frau und Kommunistin zusammenzuarbeiten. Diese Situation bewog schließlich Wilhelm Kaisen, ihr im Ressort Wohlfahrtspflege
das Flüchtlingswesen und das Amt für Widergutmachung zu übertragen. In dieser Funktion setzte sie sich für eine schnellere Unterbringung der Flüchtlinge ein."Im Flüchtlings
amt habe ich dann versucht, etwas Entscheidendes für die Flüchtlinge aus Danzig durchzusetzen. Wir holten die Flüchtlinge aus dem Lager
Riespott und brachten sie in der Huckelrieder Kaserne unter. Dadurch bekamen sie nicht nur bessere Lebensbedingungen, sondern zugleich auch das Wohnrecht in Bremen."6
Ab Beginn des "Kalten Krieges" im Herbst 1946 weigerte sich die SPD nach den Bürgerschaftswahlen 1947, bei der die KPD 8,8% erzielte und 10 Mandate erreichte, die Senatskoalition mit den Kommunisten fortzusetzen.die Demokratische Volkspartei (spätere FDP), im Senat weiterhin mit Vertretern der
KPD zusammenzuarbeiten; au Die KPD lehnte es ihrerseits ab, wirtschaftlichen Hilfen aus den USA (dem späteren Marshallplan) zuzustimmen, da diese "Hilfen" die Westzone zwangsläufig an den nunmehr "antikommunistischen"
Westen binden würden. Die neue weltpolitische Konstellation beendete folglich Käthe Popalls Senatorinnen-Tätigkeit.
Ab Januar 1948 arbeitete sie wieder als einfache Abgeordnete in der Bürgerschaft.
Der "Kalte Krieg" führte aber auch zu einer zunehmenden Säuberungskampagne in der KPD. Mitglieder, die Kritik an dieser Politik übten, wurden ausgeschlossen, so auch der ehemalige Werftarbeiter und Betriebsrat der AG Weser, Reinhold Popall, der 1927 in die KPD eingetreten war,in der Nazizeit 10 Jahre inhaftiert gewesen war, davon sieben Jahre
in Einzelhaft und alle Folterungen überstand, ohne jemanden zu belasten, im Februar 1952. Käthe wurde von ihrer Partei vor die Alternative gestellt, sich entweder von ihrem Mann zu trennen oder ebenfalls die KPD zu verlassen.
1956 gab sie ihr Parteibuch zurück. Die Popalls zogen 1967 - nach Abschluss der Ausbildung ihres Adoptivsohnes - in den kleinen Ort Ottweiler im Saarland. Dort wurde sie in der Arbeiterwohlfahrt aktiv und fand Gleichgesinnte bei den "Naturfreunden". 1981 starb Reinhold Popall. Sie kehrte nach Bremen zurück und lebte ihre letzten Lebensjahre, gezeichnet durch
Lungenkrebs, in einer kleinen Wohnung in der Vahr und schrieb ihre Lebensgeschichte auf. Sie war entsetzt als 1973 die SPD beschloss,
kommunistische Lehrer nicht einzustellen bzw. auch zu entlassen.
Anmerkungen:
Aus diesem Buch stammen die Schilderungen von Käthe Popall: Alheit, Peter/Wollenberg, Jörg(Hrsg.): Ein schwieriges politisches Leben, Geschichte erzählt: Bremer Arbeiterbiographien,bearbeiter von Peter Alheit und Jörg Wollenberg,
Sie schrieb diese erst nach langem Zögern nach Gesprächen mit Elisabeth Meyer-Renschhausen und Jörg Wollenberg und es erschien in der Reihe Geschichte erzählt: Bremer Arbeiterbiographien im Verlag Atelier im Bauernhaus, Fischerhude 1985
1.Popall in Ahlheit/Wollenberg. S.24
2.ebda.S.42ff.
3.ebda.S.45
4.Elling,Hanna,S.155
5.Popall S.6
6.ebda.S. 113
Literatur und Quellen:
Elling, Hanna: Frauen im deutschen Widerstand 1933-1945, Frankfurt 1978;
Buck, Inge: Käthe Popall, in: Behrens, Verena/Menger, Gisela (Hrsg.): Starke Frauen, Bremen 2014, S.133-155