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Grave, Henriette Auguste Charlotte
1885 in Essen - Todesdatum konnte nicht ermittelt werden

 

Emmy Grave die Tochter des Stationsassistentin Ernst Grave. Sie besuchte von 1891 bis 1894 die evangelische Volksschule und bis 1900 die städtische Höhere Mädchenschule in Essen und Osnabrück bis 1902. Hier bestand sie auch 1905 die Prüfung als Lehrerin für mittlere und Höhere Mädchenschulen. Um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern, ging sie für ein halbes Jahr nach Genf. Zurückgekehrt leitete sie eine kleine Privatschule in Neuenkichen/Olbg. Von 1909 Von 1911 bis 1916 studierte sie in Kiel Geschichte, Botanische Zoologie, Deutsch und Erdkunde. 1915 war sie am Zoologischen Institut in Münster beschäftigt. 1916 machte sie eine Prüfung für das Höhere Lehramt und wurde ab 1. Oktober 1916 Oberlehrerin am Lyzeum Perleberg in Bremen. Im April 1917 begann sie ihre Tätigkeit als Oberlehrerin in der Kippenbergschule. 1921 wurde sie Vorsitzende des Verbandes bremische Philologinnen: "Sie führte in idealer Zusammenarbeit mit Dora Behrmann, der 2. Vorsitzenden, den Verein bremischer Lehrerinnen bis 1932. In seltener Weise ergänzten sich diese beiden Frauen.1"

Daneben war Emmy Grave vielfältig in der Berufsverbandsarbeit tätig. Sie trat dabei sowohl für die Ziele der Frauenbewegung ein, als auch für die Qualifizierung der Lehrerinnen und ihre Gleichstellung mit den männlichen Kollegen, insbesondere auch für die Rechte verheirateter Kolleginnen. 1924 wechselte sie zum Lyzeum Neustadt und war mittlerweile Studienrätin, 1929 wurde sie dort Direktorin und ihr wurde erstmals das gleiche Gehalt wie einem männlichen Schulleiter gewährt. Sie war Mitglied des Philologinnenverbandes. "Mich hatte nicht eine starke Liebe zur Wissenschaft auf die Universität geführt, sondern der Wunsch, besser als mit meiner bisherigen Ausbildung an dem Ausbau der Mädchenschulen und an der vollwertigen Vorbereitung der Mädchen für das Abitur mitarbeiten zu können. für die Auswahl der Fächer war mein Interesse für den Menschen und seiner Entwicklung bestimmend."2 Nach ihrer Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen war sie ein halbes Jahr an der städtischenhöheren Mädchenschule in Perleberg beschäftigt und kam dann nach Bremen an das Oberlyzeum Kippenberg. "Automatisch wurde ich, wie damals üblich, Mitglied des Bundes privater Mädchenschulen Wir nannten den Bund scherzend ‚ den ‚50-Pennig-Verein'. Beitrag und Einfluss der Lehrkräfte waren gering." Sie setzte sich für eine bessere Altersversorgung der Lehrerin ein. "Ich empfand es als grosses Unrecht, dass der Bremer Staat die Mädchenbildung hauptsächlich privaten Händen überliess und sich wenig Gedanken darüber machte, dass die Lehrerinnen an Privatschulen - Lehrer gab es nur wenige - schlechter und unsicherer gestellt waren als die Lehrer an den öffentlichen Knabenschulen." Sie trat für eine Verstaatlichung der Mädchenschulen ein und beteiligte sich an vielen Diskussionen zur Schulreform.
1919 wurde sie Vorsitzende des Philologenverbandes Bremen, 1921 Vorsitzende des Vereins bremischer Lehrerinnen und blieb es bis 1932. 1919 trat sie auch in den Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenverein(ADLV) ein, dessen Gesamtvorstand sie bis Ende 1932 angehörte. Hier setzt sie sich vor allem für die Gleichstellung mit den männlichen Kollegen und für die Rechte verheirateter Kolleginnen ein. Sie war Vorsitzende der Bremer Gruppe des Verbands Akademisch gebildeter Lehrerinnen. 1924 wurde sie Direktorin der höheren Mädchenschule in der Neustadt und hatte diese Funktion auch nach der Umwandlung der Schule in eine Oberschule bis 1945 inne. Ab 1926 war sie auch Mitglied der Prüfungskommission für Lehrerinnen.
Als sie 1932 aus dem Vorstand des ADLV ausschied, dichteten die Mitstreiterinnen ihr und Dora Behrmann 1932 ein Tischlied, das auf der Festveranstaltung bei jeder Strophe in einer anderen Melodie gesungen wurde.



"Emmy stammt zwar her aus Essen,
doch geborn als Fastnachtsscherz,
liebt sie trinken mehr als essen
- edler Wein erfreut ihr Herz.
Sollen die Schüler etwas hören
von des Alkohols Gefahr,
darf kein "trockner" sie belehren,
selber macht sie's ihnen klar.

Ach nun sei es euch geklagt,
böses Beispiel wirkt verheerend.
Was ich jetzt erzählen muß,
ist für Dora auch nicht ehrend:
beim Vereinsfest in der Bar,
Dora leicht benebelt war.
Und die allerbrävste Brave,
ward verführt von Fräulein Grave.
Und als sie neulich ein Amt schon niederlegt,
auf einmal sich der Weltgeist in ihr regt:
da nahm sie wirklich, wer hätte das gedacht,
ein Auto für die Heimfahrt in der Nacht,
aber sonst kann man nicht klagen,
alles klappte wunderbar.
Gut für Emmys kühnes Wagen,
Doras Hilfestellung war,
für der Frauen Recht und Würde
(Fräuleins sind jetzt abgeschafft),
trugen traurig sie die Bürde,
opferten sie Zeit und Kraft.
Diese Arbeit war für beide,
wie wir wissen, oft nicht leicht.
Doch sie haben durch ihr wirken
auch des Guten viel erreicht.
Was sie dachten, kämpften siegten,
diese Zwei für den Verein,
wird in unser aller Herzen
immer unvergessen sein."


Während der Zeit des Faschismus war sie Mitglied im NSV, im Reichslehrerbund und im Reichskolonialverband. Das führte 1945 dazu, dass sie bei der Entnazifizierung als Mitläuferin eingestuft wurde und eine Sühne-Strafe von 33 Reichsmark zahlen musste und von den Amerikanern zunächst entlassen wurde. Sie wurde jedoch 1946 wieder eingestellt.


Literatur und Quellen:
1.Verein Bremischer Lehrerinnen - Führung des Vereins, StAB Bremen
2.Lebenslauf Emmy Grave, Personalakte Emmy Grave, StAB Bremen
3.ebda.
4.ebda.
5.Tischlied zu Ehren von Frau Frau Emmy Grave und Frau Dora Behrmann 3.12.1932, ebda.


Autorin: Edith Laudowicz